Ich bin mal über die Beiträge geflogen, korrigiert mich wenn ich falsch liege und Beiträge in diese Richtung nicht gesehen habe, aber ein Hauptpunkt ist doch die Ausbreitung in den letzten 70Jahren der Theorie der komparativen Kostenvorteile nach Adam Smith.
Um das Thema nicht komplett erklären zu müssen: Länder/Regionen in denen viel Holz wächst und die Arbeitskraft günstig ist, stellt Holz her. Länder/Regionen die ggf. gleichviel Holz haben aber die Arbeitskraft teuer ist, wird sich eher im Dienstleistungssektor ausbreiten bzw. in den Sektoren wo die Kostenvorteile liegen. Bei uns in Deutschland wurden dadurch die Landwirtschaft, Holzwirtschaft, Stahl usw. auf ein Minimum reduziert (und durch die aktuelle Energiepolitik an den Rande der Existenz gedrängt).
Rein von den Arbeitskosten macht es keinen Sinn, dass ich eine Imkerei betreibe. Würde ich meine Zeit und Kraft in Weiterbildungen im Finanzsektor stecken, würde ich deutlich mehr verdienen.
Auf der anderen Seite steht jedoch diese gewisse Basis-Grundversorgung an allem Wichtigen, die vor allem seit dem Ukraine Krieg deutlich an Relevanz gewonnen hat.
Dh. es gibt die einen Kosten und Preise die in der Marktwirtschaft erzielt werden über die ihr hier aktuell hauptsächlich diskutiert.
Aber es gibt auch diese zweite Rechnung die bisher nicht wirklich strukturell aufgemacht wird.
Diese zweite Rechnung beinhaltet Faktoren wie zB. wie viel kostet den Staat, die Wirtschaft und die Menschen eine kurzfristige oder vllt. sogar langfristige Unterversorgung von gewissen Produkten. Bspw. Babymilch. Es macht keinen Sinn bei uns Babymilch herzustellen aufgrund der hohen Kosten. Deshalb sind wir auf Importe angewiesen. Kommt diese nicht, kann ich man Kind ggf. nicht mit den entsprechenden Nährstoffen versorgen und es droht Mangelernährung oder im schlimmsten Fall der Tod (angenommen Muttermilch geht nicht).
Wie hoch ist dieser Verlust in Euronen zu bewerten und wie ist er in diese Kalkulation einzuberechnen? Es gibt zu solchen Faktoren keine verlässlichen Schätzungen. Daher werden sie erst gar nicht berücksichtigt.
Des Weiteren die Kosten der Natur. Wir tun uns schwer mir CO2 Handel und Co bzw. dem Ganzen einen Preis zu geben. Aktuell können wir die Kosten dafür nicht realistisch schätzen weil wir das "Ende" gar nicht absehen können und damit keine verlässliche Zahl kalkulieren können.
Ob die Idee der komparativen Kostenvorteile und der Globalisierung an Ihre Grenzen kommt hängt von der Politik, dem Druck der Gesellschaft und vermutlich auch klimatischer Faktoren ab.
Wenn ich mir allerdings die aktuelle geopolitische Lage anschaue, erinnert hier sehr viel an die Situation vor dem ersten Weltkrieg. Ich empfehle jedem hier mal das Buch "Psychologie der Massen" von Gustave Le Bons zu lesen, 1895.
Es gibt immer wieder ähnliche Strömungen und Phasen der menschlichen Entwicklungen.
Vieles ist davon abhängig wie man sich in der aktuellen Phase um Frieden bemüht.
Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass es noch in meinem Leben (50 Jahre) zu dem Punkt kommt, dass die Produktion vor Ort von Lebensmittel essentiell wird.
Jetzt kannst du 10 Jahre keinen Gewinn erwirtschaften, aber wenn der Zeitpunkt kommt auf einmal solche einen "Gewinn" einfahren, dass der die letzten 10 Jahre entschädigt. Ähnliche "trade offs" gibts auch bei Optionspreisstrategien, welche man statistisch zumindest annähernd berechnen kann. Die Frage des Gewinns in dieser Zeit ist aber auch wieder moralisch fragwürdig.
Ich glaube aber, dass ein Hobbyimker einen systemischen Nutzen für die Gesellschaft hat (abgesehen vom Nutzen der Bestäubungsleistung). Dieser ist vllt minimal im Vergleich zu einem Getreidelandwirt, aber er ist existent! Zudem kommt dazu, dass man die Fähigkeit nicht innerhalb einiger Monate komplett erlernen kann. Wodurch man eine gewisse Verzögerung hat und nicht so einfach skalierbar ist.
Dieser systemische Nutzen wird aktuell nicht von Politik und Gesellschaft berücksichtigt. In der Steuer ist er meiner Meinung noch zum Teil erkennbar. Ähnlich wie die Bestrebungen der Nachkriegszeit nach einer flächendeckenden Möglichkeit, dass Menschen sich landwirtschaftlich selbst versorgen können bspw. durch Schrebergärten.
Dazu kommt noch der Aspekt, dass gewisse Handwerke oder die Imkerei auch weitergegeben werden müssen um auch in 100 Jahre in der Bevölkerung präsent zu sein - was die Vereine und der DIB auch entsprechend mit Kursen sicherstellen.
Diese ganzen Faktoren welche ich nur ansatzweise angerissen hab, spielen alle in eine mögliche Kalkulation ein, tun sie aktuell aber kaum bis gar nicht, weil man die Kalkulation immer einfach halten kann, dass sie jeder versteht. Allerdings bildet diese Kalkulation nur den Hauptteil der Normalverteilung hab. Die restlichen Szenarien am "Tail" bzw. Ende der Verteilung werden kaum berücksichtigt, bieten aber erhebliche Spannungspotenzielle. Genau das unterschätzt die Finanzindustrie regelmäßig Finanzkrisen und das System kommt immer wieder an seinen Kipppunkt. Nach Krisen fließen diese Informationen wieder mehr ein. Genauso wie ähnliche Gedankengänge zur Grundversorgung seit der Ukraine Krise wieder mehr an Relevant gewinnen, obwohl das gleiche Risiko schon vorher existent war! Ähnlich bei der Atomdiskussion..
Risiken sind also ständig präsent aber nicht fortwährend in den Köpfen der Menschen weil man schnell diese relativ unwahrscheinlichen, allerdings vorkommenden Risiken unterschätzt weil sie eine gewisse Zeit nicht vorkommen. Wenn sie vorkommen allerdings extrem an Relevanz gewinnen.
Diese Diskussion findet aktuell meiner Meinung nach nur ansatzweise statt (weil sie viel zu umfangreich ist wie mein Beitrag zeigt, in der aktuell kurzfristig denkenden Gesellschaft). Aber der Wert für die Gesellschaft muss auch von Imkern gebetsmühlenartig in die Gesellschaft getragen werden. Auf der anderen Seite bin ich der Überzeugung, dass Kosten an die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst bzw. gesenkt werden müssen (bspw. durch Normierungen und gezielte Subventionen), um zumindest faire (im Vergleich zu anderen Ländern) Produktionskosten zu ermöglichen.