Gesunde Bienen! - Und der Beitrag der Winterbehandlung?

  • Aber strukturell bleibt es bei einer reinen Zeitverschiebung.

    Das ist natürlich richtig.

    Der konkrete Befall nach den 6 Wochen (erst recht nach einer kompletten Saison) ist natürlich drastisch unterschiedlich.

    Aber ist nicht der ausschlaggebend? Wir planen ja nicht für eine beliebige Zukunft, sondern für den nächsten erforderlichen Behandlungstermin.

    I never loose - either I win or I learn (Nelson Mandela)

  • Der konkrete Befall ist natürlich drastisch unterschiedlich.

    Aber ist nicht der ausschlaggebend? Wir planen ja nicht für eine beliebige Zukunft, sondern für den nächsten erforderlichen Behandlungstermin.

    Den nächsten "erforderlichen" Behandlungstermin kannst du letztlich nicht planen. Dafür kennst du den Ausgangsbefall deiner Völker und auch die jeweilige Milbenvermehrungsrate in den Völkern nicht genau genug. Letztlich wäre das eine an Schadschwellen orientierte Behandlungsstrategie - da kann man nur mit Befallsmessungen arbeiten. Und auch da muss man sehr genau messen, sonst geht das ganz schnell schief.


    Aber um ein Gefühl/Verständnis für die Wirkung einer Winterbehandlung zu bekommen ist es wichtig sich deren Auswirkung auf die Befallskurve klar zu machen. Wir sind bei Exponentialfunktionen leider notorisch schlecht darin uns die Zukunft vorzustellen. Ich sage hier bewusst Winterbehandlung, weil bei der Sommerbehandlung der Wechsel von Sommerbienen zu Winterbienen und die hoffentlich brutfreien Phasen im Herbst/Winter die Rechnerei schwieriger machen.


    Aber mit der Exponentialfunktion wird auch noch ein anderes Phänomen verständlich...

    Eine fast schon berüchtigte Frage zu solchen Wachstumsfunktionen ist:

    "Stell dir einen Teich vor, in dessen Mitte eine winzig kleine Gruppe Seerosen wächst. Jeden Tag verdoppelt sich deren Fläche. Nach einigen Wochen nimmt sie die Hälfte des Sees ein. Wie lange dauert es noch, bis der See komplett überwuchert ist?"


    bei einem Video müsste ich jetzt auf Pause drücken und nachrechnen lassen. Geht hier nicht. Rechnen wir also aus: 1/2 See mal 2 ist 1 (ganzer See). Es dauert also in diesem Beispiel gerade einmal 1 Tag.


    Wieviel Zeit brauchen wir also, um von 800 auf 3200 und dann auf > 5000 Milben zu kommen? Wie schnell wird also die Schadschwelle erreicht? Bzw. was passiert, wenn wir den Befall für eine Schadschwellenorientierte Behandlung auch nur um Faktor 2 falsch bestimmen, ?


    Bleiben also einige wichtige Gedanken übrig.

    * Es kommt mehr darauf an, den richtigen Zeitpunkt für die Winterbehandlung zu erwischen (hohen Wirkungsgrad) als die Behandlung so spät wie möglich zu machen. Da kompensieren sich im Zweifel Wirkungsgrad und Behandlungszeitpunkt in Hinsicht auf die zu gewinnende Zeit.

    * Bienen, die die Milbenreproduktion drücken können, sind deutlich im Vorteil (SMR)

    * Wenn man mit der Sommerbehandlung zu lange wartet, können schon einige Tage den Unterschied zwischen einer gesunden Auswinterung und dem Zusammenbrechen des Bienenvolkes ausmachen. Die absoluten Zuwächse an Milben schnellen in die Höhe.


    Die Überlegung mit dem Seerosenteich war übrigens der Grund, warum ich sehr viel Spielraum in die Angabe "2-3 Wochen" hereingerechnet habe. Das ist sozusagen der "worst case", der eigentlich immer erreicht werden können sollte.


    Gruß
    Ludger

  • Deine Argumente sind einleuchtend, beziehen sich aber, wie Du ja klarstellst, eher auf eine schadschwellenorientierten Behandlung.

    Wahrscheinlich bin ich aber nicht der einzige, der

    1. im Zuge einer TBE nach der letzten Ernte im Juli befallsunabhängig behandelt

    2. dem wichtig ist, dass dabei die Brutscheunen einen möglichst geringen Milbenbefall aufweisen, weil daraus Wirtschaftsvölker verstärkt und neue Völker gebildet werden sollen.


    Ich gerate nebenbei bemerkt unter einen gewissen Rechtfertigungsdruck, dass ich keinem SMR- oder VSH-Ansatz folge. Mir fehlen dazu die (vor allen zeitlichen) Ressourcen. Aber auch da bin wohl nicht der einzige.

    Eine wirksame Winterbehandlung war bei mir bisher nie ein Problem. Um Weihnachten waren meine Völker immer brutfrei. Das stelle ich einfach anhand des Milbenfalls ab Mitte Januar fest. I.d.R. fällt da nur noch ein Milbe pro Woche, oft sogar noch weniger.

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  • Ich gerate nebenbei bemerkt unter einen gewissen Rechtfertigungsdruck

    Moin Wolfgang,


    wenn eine schadschwellenorientierte Behandlung zeitlich nicht zu deiner Betriebsweise passt, bleibe einfach bei deinem funktionierenden Konzept. Du solltest dich da nicht für rechtfertigen müssen. Wichtig sind übers Jahr gesunde Völker. Bei den meisten meiner Wirtschaftsvölker mache ich auch eine Winterbehandlung. Einen Totalausfall kann ich mir nicht leisten.

    Sonst ist auch die Zucht nicht finanzierbar. Für Projekte und die VSB Selektion habe ich eigene Stände und extra Völker.


    Viele Grüße

    Ron

  • Hallo WFLP


    "Ich gerate nebenbei bemerkt unter einen gewissen Rechtfertigungsdruck"


    Das war gar nicht mein Ziel. Mein Schwerpunkt liegt darauf, über die Auswirkungen von Behandlungsmustern im Zusammenhang mit der Milbenvermehrung nachzudenken. Welche Konsequenzen man daraus zieht, ist stark von anderen Randbedingungen abhängig. Ich habe weder für noch gegen eine Winterbehandlung argumentiert. Aber wenn man eine Winterbehandlung macht, muss man halt wissen was wichtiger ist. Möglichst später Zeitpunkt oder möglichst hohe Wirksamkeit. Man darf sich nur nicht selbst belügen. Man rettet mit der Winterbehandlung kein Volk und die Frühjahrsentwicklung wird auch nicht verbessert.


    Ob man die Winterbehandlung braucht hängt stark von den eigenen Bienen (und der eigenen Kenntnis vom Zustand der Bienen ab). Kennt man den Zustand nicht und kann nicht garantieren, dass man Anfang Juli sofort z.B. mittels TBE gegensteuert, sollte man sicherlich dieses Sicherheitsfenster aufbauen und Behandeln. Wie gesagt 2-3 oder 4 Wochen machen sich im Sommer stark bemerkbar.


    Wenn man den Zustand kennt und der erlaubt es, und/oder man macht sowieso systematisch Anfang/Mitte Juli eine TBE (oder braucht die Befallsmessung im Sommer als Selektionskriterium) erspart man sich und den Bienen die Winterbehandlung und gewinnt möglicherweise sogar etwas Dynamik in der Frühjahrsentwicklung.


    Wenn natürlich deine Schlussfolgerung lautet, dass du dich eigentlich im Bereich Varroaresistenzzucht (VSH/SMR) beteiligen solltest, rennst du bei mir offene Türen ein...


    Gruß
    Ludger

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