Zulassungsproblematik bei PSM

  • Es geht nicht um hungern, es geht um Abhängigkeiten durch Weltmarktpreise.


    Wenn heimischer Weizen doppelt so teuer wäre wie zur Zeit, würde man ihn wie den Fernseher in China kaufen. Das mit dem Erdgas ist hoffentlich noch nicht vergessen.


    Gruss

    Ulrich

  • Ich weiss nicht, Ulli,

    ob das mit dem Erdgas vergessen ist.

    Geiz ist immer noch geil, und wenn ich mich in der Landschaft so umhöre, dann schreien die am Lautesten, die keine Idee haben, wie man die Zukunft gestaltet könnte, aber auf keinen Fall wollen, dass sich für sie auch nur ein klein bisschen was ändert.

  • Alle Beiträge rund um Afirka etc. ändern nichts an den Fakten und Schummeleien, welche rund um die Fälle verursachten wurden, die auf Grund legaler und sachgemäßer Anwendung entstanden sind.

    Um es noch mal zu verdeutlichen welche das waren:

    Bei DDT und co

    bis zu dem Tag, als die Zusammenhänge zwischen Anwendung und Winterverluste durch Nosema von Ludwig Ambruster und Karl Pfefferle aufgedeckt wurden.

    Arsen das aus den Karbitwerken im Osten ausgetreten war, weil die Filter nicht (mehr) dicht waren.

    Häutungshemmer (Namentlich INSEGAR) welche als B4 eingestuft wurden, weil man die Tests nur mit Erwachsenen Bienen gemacht hatte, ohne auch nur einen Moment sich Gedanken darüber zu machen, was in der Werbung an ausgelobten Aussagen getätigt wurde. 4 Jahre gingen ins Land um das zu erkennen, dass diese Mittel auch die Metamorphose der Honigbienen hindert. Was für ein Bienenschutz ist das nur?

    Beim Indoxacarb hatten die Hersteller auch hier etwa gedacht, dass die Imkerschaft es nicht bemerkt, dass die LD50 Werte auch hier falsch waren? Immerhin ging es ja bald 16 Jahre lang gut bei Imidacloprid. Bei Clothianidin lediglich 6 Jahre. Was aber auch nicht hätte sein müssen, wenn man die wissenschaftlichen Fakten von Marc Bonmartin aus toxiglogischer Sicht verstanden hätte. Ging die schummelei mit den falschen LD50 Werten nur deshalb so gut, weil man die Beobachtungen der aufmerksamen Imker als Effekte von Bienenkrankheiten erklären konnte und viele dies auch glaubten?

    Zuletzt noch die Sache mit den Neonics

    Wenn man in einer Fachzeitschirft für Imkerei mit Schwerpunkt Wissenschaft und Praxis zwar über die Leistungen der Bienenwissenschaft viel und großes Lob findet, aber auch etwas von einem Spannungsfeld zwischen Pflanzenschutz und Imkerei lesen kann, ist das nur ein Teil der Momentaufnahme. Die vielen Beiträge über Beinenkrankheiten mögen alle auch ihre Berechtigung haben.

    Sehr frustrieren und auch große Angst macht mir dann trotzdem ein Satz in dem zum Ausdruck kommt, dass eigentlich dieses viele Geld für die unzähligen Untersuchungen nicht nötig gewesen wären um hinterher festzustellen, dass man eh schon wusste, dass diese Neonics in der freien Natur nichts zu suchen haben.

    Das ist ein großes Armutszeugniss für einen verlässslich funktionierenden Bienenschutz.

    Ich bin mir auch sicher, warum es in Gewächshäusern nicht anders sein sollte!

  • Ob es passt?


    Schriftsteller Upton Sinclair: Es ist für einen Mann schwierig, etwas zu verstehen, wenn sein Gehalt davon abhängt, es eben nicht zu verstehen.

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand. (Arthur Schopenhauer)

  • Als bestes Beispiel nehme ich den Fall im Landkreis Lörrach im Jahre 2007. Dort gab's eindeutige Vergiftungen im Frühjahr. Mehrere Imkereien waren betroffen. Da die Obstblüte schon länger zu Ende war, gelangte ein Rosenzucht Betrieb in den Fokus. Doch dieser beteuerte, dass keinerlei Inserizide eingesetzt wurden. Die Untersuchungen im JKI ergaben damals keinerlei "verursachende" Wirkstoffe. Der Fall konnte also nicht gelöst werden. Was im Jahr darauf passierte dürfte allgemein bekannt sein. Dort in 2008 stellte der Herr Tränkle von der LUFA Spayer (also nicht das JKI) fest, dass der LD50 Wert von Clothianidin nicht stimmen kann, bei über 12500 Vergiftungen bei legaler Anwendung. Man untersuchte die Proben aus Lörrach erneut unter dem Aspekt falscher LD50 Werte. Und jetzt wurde klar, dass in dem Fall von 2007 es auch Clothianidin war, welches für die Vergiftungen verantwortlich war. Heraus gekommen ist außerdem, dass die ZG Heitersheim Vorversuche mit dem Beizmittel gemacht hatte. Seit 2005 wurde dort schon damit experimentiert. Immer nur auf Flächen mit weniger als 3000m². In 2007 jedoch mit ganzen Maisschlägen von mindestens 1 ha.

    Mit den richtigen LD50 Werten wäre das Experiment wohl aufgeflogen und für 2008 hätte das Land BaWü vermutlich ein anderes Konzept für die Ausrottung des Maiswurzelbohrer umgesetzt.

    Bei INDOXACARB war 2014 so was ähnliches passiert. Im Ortenaukreis gab's 300 Meldungen über Vergiftungen kurz nach der Obstblüte. Auch ein Bienenstand von mir war betroffen. Der Befund vom JKI zeigte zwar einen Wert für INDOXACARB. Aber dieser war zu gering, als dass er für die Verfilmungen verantwortlich war. So auch bei allen anderen damaligen Vergiftungen. 2020 wurde dann INDOXACARB von B4 in B1 geändert! Ob es im Zeitraum von 2014 bis zur Änderung noch mehr ähnliche ungeklärte Fälle gab, weiß nur das JKI. Aber ich vermute mal das dem so war. Bei dem Verbot von GOUCHO in Frankreich Ende der 90er war in Frankreich ebenfalls festgestellt worden, dass bei dem Wirkstoff IMIDACLOPRID ebenfalls falsche LD50 Werte zur Zulassung eingereicht wurden.

    Also gehört das wohl ein Stückweit zur Praxis der ChemieIndustrie uns Krankheiten zu verkaufen, in dem man mit falschen LD50 Werten operiert.

    Zu dem damaligen Schadbild in Zusammenhang mit INDOXACARB noch dieses Video hier:

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    geht´s den Bienen gut, geht´s der Umwelt gut!

  • Die damalige Versuchsanordnung für den LD50 hatte ja sowieso nicht viel mit der Realität zu tun: Bienen werden in einem Käfig gesetzt und mit steigenden Dosierungen des Pestizids gefüttert. Nach 24h wird geschaut, was noch lebt. Nicht mal, was noch fliegen kann. Hat sich der Test eigentlich geändert ?

  • Ziemlich interessant, wenn man wüsste, was LD50 bedeutet.

    LD steht für „letale (=tödliche) Dosis“

    Wikipedia hilft:

    Zitat

    Auszug:

    „Daher wird meistens jene Dosis angegeben, deren letaler Effekt sich auf 50 Prozent der beobachteten Population bezieht: die mittlere letale Dosis LD50 oder auch die mittlere letale Konzentration LC50. Die mittlere Dosis bzw. Konzentration ist ein beliebtes Maß, weil in einer Versuchsreihe die Dosis, bei der alle oder keine Individuen sterben, sehr groß bzw. sehr klein ist.

    Andere Größen sind LD75 (tödliche Dosis), LD99 (sicher tödliche Dosis) und LD100(absolut tödliche Dosis).“

  • Ein Bienenvolk besteht aber nicht nur aus erwachsenen Tieren. Es gibt PSM, bei denen ist die LD50 bei erwachsenen Bienen völlig problemlos, aber es sterben quasi alle Larven, die mit Pollen gefüttert werden, der mit diesem PSM in Kontakt war. Dann stirbt das Bienenvolk eben trotzdem.

  • Die damalige Versuchsanordnung für den LD50 hatte ja sowieso nicht viel mit der Realität zu tun: Bienen werden in einem Käfig gesetzt und mit steigenden Dosierungen des Pestizids gefüttert. Nach 24h wird geschaut, was noch lebt. Nicht mal, was noch fliegen kann. Hat sich der Test eigentlich geändert ?

    Ein Bienenvolk besteht aber nicht nur aus erwachsenen Tieren. Es gibt PSM, bei denen ist die LD50 bei erwachsenen Bienen völlig problemlos, aber es sterben quasi alle Larven, die mit Pollen gefüttert werden, der mit diesem PSM in Kontakt war. Dann stirbt das Bienenvolk eben trotzdem.

    Jungs, ich möchte euch nicht zu Nahe treten, aber ist euch nicht mal der Gedanke gekommen, dass diese Tests vielleicht nur ein verschwindend kleiner Teil der Zulassung sind?


    Wie Ne0 ganz richtig feststellt, handelt es sich um Lethal Dose - Tests und nicht um Can't Fly-Anymore-Tests oder ähnliches. Es soll die Dosis festgestellt werden soll bei der 50% aller adulten Bienen im Test sterben. Die Tests sind in den OECD-Richtlinien 213 (orale Aufnahme) und 214 (Kontakt) geregelt. Auch für Larven gibt es entsprechende Tests, etwa nach Aupinel. In Halbfreiland- und Freilandstudien wird dies ebenfalls mit überprüft.


    Zumindest die LD50-Tests mit adulten Bienen sind sehr, sehr simple Versuche. Diese können mit sehr geringem Aufwand nachgestellt werden. So geringem Aufwand, dass dies jedes Bieneninstitut, jede NGO, jede Behörde völlig problemlos nachbauen kann. Das ließe sich mit etwas Zeit und Aufwand sogar von uns daheim nachstellen.


    Daher habe ich erhebliche Zweifel daran, dass Konzerne gefälschte LD50-Werte für die Zulassung angeben. Nicht, weil ich an das Gute im Konzern glaube, so naiv bin nicht mal ich. Sondern schlicht, weil dies viel, viel zu leicht aufzudecken wäre. Ich konnte zu der Thematik auch nichts finden, als ich Google zu gefälschten LD50-Werten befragt habe. Das alles heißt natürlich nicht, dass es nicht doch so war. Weder bin ich allwissend, noch Google-Profi. Aber es weckt dann doch Zweifel an der Geschichte. Vielleicht möchte toyotafan hier ein paar mehr Infos geben?

    Der Fall konnte also nicht gelöst werden. Was im Jahr darauf passierte dürfte allgemein bekannt sein. Dort in 2008 stellte der Herr Tränkle von der LUFA Spayer (also nicht das JKI) fest, dass der LD50 Wert von Clothianidin nicht stimmen kann, bei über 12500 Vergiftungen bei legaler Anwendung.


    Ich finde überhaupt keine Informationen zu dem Fall in Lörrach in 2007. Auch nichts zu einem Herrn Tränkle von der Lufa. Irgendwie scheint mir die Geschichte doch etwas löchrig. Ich freue mich über Hinweise oder besser noch konkrete Infos/Links. Zeitungsartikel, Paper, irgendwas. Würde mich hier gerne selbst schlau machen.


    Das massive Bienensterben im Oberrheingraben 2008 ist dann im Übrigen auch nicht aufgrund irgendwelcher LD50 Werte geschehen. Ursächlich ist, dass die Saatgutbeizung des dort ausgesäten Mais überhaupt nicht funktioniert hat. Extrem viel Wirkstoff wurde während der Aussat abgerieben und in die Umwelt verteilt. Richtig ist, dass die LUFA (wie auch das JKI) beim Nachweis der Rückstände auf den diversen eingereichten Umweltproben beteiligt war. Weitere Infos zum Thema gibts hier.


    Man hat daraus gelernt. Die Saatgutbeizung ist wesentlich besser geworden. Abriebtests, Staubsstudien sind Teil des Zulassungsverfahrens (geworden). Deflektor-Technik an den Sämaschinen wurde entwickelt und vorgeschrieben, um auch mechanisch die Staubdrift zu verringern.


    Letztlich ist das ein wirklich schlimmer Vorfall, der aber klar als Unfall einzustufen ist. Da ist was passiert, was man nicht wusste, nicht erahnt hat. Und es wurde reagiert. Das zeigt, dass unser Zulassungsverfahren grundsätzlich funktioniert.


    PSM werden bspw. auch aus solchen Gründen nicht 'für immer' sondern immer zeitlich begrenzt zugelassen und müssen nach einigen Jahren neu zugelassen werden um möglichen neuen Erkenntnissen und Daten Rechnung zu tragen.


    Die genannten Neonics Thiacloprid, Clothianidin und Imidacloprid sind bspw. seit 2013 im Freiland nicht mehr zugelassen (mit gelegentlicher Ausnahme der auch hier diskutierten Notfallzulassungen in der Zucklerrübe). Auch das mehrfach oben genannte Imidacloprid hat seine Zulassung mittlerweile verloren. U. a. auch wegen Bienengefährlichkeit. Festgestellt haben das im Übrigen die hier viel geschmähten Bienenwissenschaftler ;)

  • Letztlich ist das ein wirklich schlimmer Vorfall, der aber klar als Unfall einzustufen ist. Da ist was passiert, was man nicht wusste, nicht erahnt hat. Und es wurde reagiert. Das zeigt, dass unser Zulassungsverfahren grundsätzlich funktioniert.

    Man wußte es eben schon, genau das ist der Vorwurf. Im Ausland, Frankreich, war das bekannt. Deswegen kommt toyotafan zu genau dem gegenteilige Fazit, das Zulassungsverfahren funktioniert eben grundsätzlich nicht.

    Imkern im Spannungsfeld zwischen Hoffnung und resignativer Reife

  • Zumindest die LD50-Tests mit adulten Bienen sind sehr, sehr simple Versuche. Diese können mit sehr geringem Aufwand nachgestellt werden. So geringem Aufwand, dass dies jedes Bieneninstitut, jede NGO, jede Behörde völlig problemlos nachbauen kann. Das ließe sich mit etwas Zeit und Aufwand sogar von uns daheim nachstellen.

    Daher habe ich erhebliche Zweifel daran, dass Konzerne gefälschte LD50-Werte für die Zulassung angeben.

    Die Abgaswerte von Dieselautos kann auch jeder mit Zugriff auf eine Autowerkstatt leicht nachmessen und diese Werte wurden auch „gefälscht“ und von einem Konzern den Ämter für Zulassungen vorgelegt.

    Versteh mich nicht falsch, ich halte viel von QM und finde PSM wichtig und Konzerne sind auch nicht nur schlecht. Ich sehe aber auch nicht alles schwarz/weiß (und du ja auch nicht)

  • Man wußte es eben schon, genau das ist der Vorwurf. Im Ausland, Frankreich, war das bekannt. Deswegen kommt toyotafan zu genau dem gegenteilige Fazit, das Zulassungsverfahren funktioniert eben grundsätzlich nicht.

    Was war dort bekannt? Zumindest in toyotafans Beitrag oben geht im Falle von Frankreich nicht um den Oberrheingraben bzw. die dort verwendeten Saatgutbeizen, sondern um eine ganz andere Substanz. Darüber hinaus macht die Art der Anwedungsform, die Formulierung und die Dosierung einen erheblichen Unterschied. Weil A in der Formulierung X Probleme verursacht, gilt das lage nicht zwingend für die Formulierung Y.

    Die Abgaswerte von Dieselautos kann auch jeder mit Zugriff auf eine Autowerkstatt leicht nachmessen und diese Werte wurden auch „gefälscht“ und von einem Konzern den Ämter für Zulassungen vorgelegt.

    Versteh mich nicht falsch, ich halte viel von QM und finde PSM wichtig und Konzerne sind auch nicht nur schlecht. Ich sehe aber auch nicht alles schwarz/weiß (und du ja auch nicht)

    Mit Abgaswerten kenne ich micht nicht aus. Mit LD50-Werten schon etwas mehr, daher halte ich das für höchst unahrscheinlich und konnte wie gesagt bei meiner Google-Suche auch nichts zum Thema finden. Das ist beim Thema Abgas anders, wie sich mir gerade auf Google gezeigt hat ;)

  • Dass du dich mit LD50 auskennst glaube ich gern. Dass du deswegen Schummeleien für unwahrscheinlich hältst ist trotzdem ein Autoritätsargument. Bei diesen Argumenten kann man sich nur darauf verlassen, dass die Autorität schon recht haben wird, oder eben nicht. Das ist mir, ohne dir zu nahe treten zu wollen, an dieser Stelle etwas wenig.

    Dass Google etwas nicht findet, heißt nicht, dass es nicht existiert.

    Ich bleibe daher dabei: Konzerne haben schon öfters bei Zulassungen gegenüber Behörden geschummelt. Ich habe solche Bestrebungen auch schon Live in Konzern-Meetings miterlebt und deshalb halte ich das auch weiterhin bei PSM Zulassungen für möglich.

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