August Ludwig, Pfarrer i.R. „Ratgeber für Bienenzüchter“

  • Ich durfte an den Feiertagen auf dem Dachboden (wobei das eine sehr untertriebene Beschreibung ist, ausgewachsene „Bibliothek“ trifft es besser) des angepatchten Großvaters stöbern. In dem Haushalt gibt es die Regel, „jeder Besucher muss ein Buch mit nach Hause nehmen wenn er geht“. Im Bereich „Haus, Garten und Tiere“ fand ich dann wahre Schätze.

    Zwischen dem „Wochenendimker“ und den „Ratschlägen für den Freizeitimker“, die ich beide schon kannte und besitze, stand ein mir völlig unbekannter Autor. „Ratgeber für Bienenzüchter“ von August Ludwig, erschienen 1947. Außerdem im Buch als lose Blätter liegend noch ein illustrierter Aufsatz „Das Wunderland der Bienen“ von Alfred Schüßler von 1929.

    Das durfte ich mit nach Hause nehmen. Ich habe bisher nur quergeblättert, aber schon darin so vieles wiedergefunden, was auch heute immer wieder Thema ist, dass ich das teilen möchte.

    Das Buch ist als Ratgeber für Imkereianfänger aufgemacht mit Antworten auf 200 Imkerfragen, thematisch gegliedert in „Voraussetzungen, Vom Leben der Bienen, von der Zucht der Bienen und Bienenrecht“.


    Ein paar Fragen samt gekürzter Antwort die auch heute noch völlig aktuell sein könnten, möchte ich für einen Eindruck zitieren:


    „ 2. Was muss ich von der Bienenweide wissen?

    Wer sich ein Tier anschafft, muss wissen, ob er es auch ernähren kann, ob das nun ein Wellensittich, ein Karnickel, eine Kuh oder Ziege ist, oder auch ein Bienenvolk. […] Dazu genügt es bei weitem nicht, wenn man im Garten eine Rabatte mit Arabis und Reseda hat und im Rasen ein Dutzend Krokus. […]

    Wer selbst Landbesitzer ist, soll die Bienenweide verbessern und sich nicht auf andere verlassen, und wäre es nur durch einige Morgen mit Phazelia, in die Stoppel gesäht. […]


    3. Was bringt die Bienenzucht ein?

    Als Nebenbeschäftigung ist die Bienenzucht recht lohnend, wenn Trachtgegend, Wetter und Eigenart des Ausübenden passen. Als einzige Quelle der Ernährung kann sie nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und in ganz wenigen Gegenden Deutschlands empfohlen werden. […]

    Außerdem darf nicht außer acht gelassen werden, dass ein einzelner Mann 100 Völker gerade noch allein bewirtschaften kann, zu einem größeren Bestande aber unbedingt einen Gehilfen braucht.


    4. Wie darf ich nicht anfangen?

    […] Also ein Mann mit offensichtlich ganz geringer Sachkenntnis kauft Bienenvölker in Strohbeuten und zahlt dafür, ohne den Verkäufer und die Ware kennengelernt zu haben, […]

    Arbeiten Sie erst mal ein Jahr lang auf fremdem Stande und arbeiten Sie außerdem ein Bienenbuch durch! Wahrscheinlich hätte man da aber nur die Antwort erhalten: “Ach, die Bande will ja nur Bücher loswerden“ […]


    13. Gleiches Rahmenmaß im Brut- und Honigraum?

    Seit einiger Zeit wird von manchen Imkern gefordert, die Rahmen für den Brut- und Honigraum müßten gleich gro sein, das vereinfache den Betrieb wesentlich. Es sei doch sehr störend, wenn man nicht jede Wabe aus dem Brutraume auch in den Honigraum hängen könne und umgekehrt, und wenn man mit einzelnen Zargen, sogenannten Magazinen arbeite, wäre es doch sehr wünschenswert, wenn diese vollständig übereinstimmten, übereinandergesetzt und jederzeit miteinander vertauscht werden könnten. Das hört sich ganz gut an, und ein Laie der noch nichts von der Natur der Bienen gehört hat, wird sich wahrscheinlich wundern, dass es Leute gibt, die nicht auf dem gleichen Standpunkte stehen. [… 1,5 Seiten Argumente!…]

    Wer Brut- und Honigraum gleichmacht, gestaltet stets den Brutraum zu klein und den Honigraum zu groß.


    16. Kann ich meine Beuten selbst bauen?

    […] Wer nicht schon lange Zeit mit Säge und Hobel umzugehen gelernt hat, der soll, wie ich das einmal ausgedrückt habe, zuerst ein Klavier bauen, bevor er sich an eine Bienenwohnung heranwagt. Wenn in einem Bienenkasten nicht alles haargenau paßt, hat man zeitlebens seinen Ärger damit. […]


    17. Welches ist der beste Rohstoff für Beuten?

    […] Auch in der Neuzeit hat man alles mögliche versucht: Gipsdielen, Korkwände, Luftbacksteine, Holzfaserplatten usw. Aber man ist immer wieder reumütig zum Holz zurückgekehrt, das leicht von Gewicht und doch fest und dauerhaft ist, sich besonders gut verarbeiten lässt, schöne glatte Wände liefert, auch leicht gereinigt werden kann und als schlechter Wärmeleiter den Vorzug der Warmhaltigkeit besitzt. Als besonders geeignet hat sich grobkörnige Fichte erwiesen, die möglichst astreine sein soll. […] Zu Rähmchenholz ist Linde am geeignetsten.


    22. Was ist bei der Aufstellung der Bienen zu berücksichtigen?

    Die Himmelsrichtung, nach der man die Bienen fliegen lässt, ist ziemlich gleichgültig. […] Der Schutz gegen Zugluft ist sehr wesentlich. An zugigen Stellen gedeihen die Bienen nicht. Ein ebenso großer Feind ist die Feuchtigkeit. […] Man richte die Fluglöcher möglichst nach dem eigenen Grundstück zu, nicht nach dem eines Nachbarn, und halte mit diesem Frieden, der durch gelegentliche Hinüberreichung eines Glases mit Honig für die Kinder wesentlich gefördert wird. Man stelle das Bienenhaus nicht so, daß die Bienen gleich hochfliegen müssen, also nicht mit den Fluglöchern unmittelbar an hohe Mauern und Bäume, weil sonst die Schwärme auch gleich hochgehen. Büsche oder Zwergobst und Beerensträußcher sollen sich hingegen in hinreichender Anzahl in der Flugbahn befinden.

    Bei der Bestimmung der Entfernung vom Fußboden bis zum Auflagebalken richte man sich nach seiner eigenen Körperlänge. Man muß, ohne sich bücken zu müssen, an den Bienen arbeiten können. […]

    Muß man seinen Bienenstand während der Flugzeit auf eine weitere Entfernung versetzen, muss man die Völker herrichten wie zur Wanderung (siehe Nummer 150). Auf kürzere Strekcen, vielleicht nur auf einige Meter im eigenen Garten, verblendet man lediglich die Fluglöcher so, dass die Bienen gezwungen sind, sich neu einzufliegen. Am einfachsten geschieht das durch Anbringung eines Brettes in Dachform, welches die Ausflugsöffnungen fast völlig verdeckt, oder durch Vornagelung von Tannenzweigen oder Laubbüschen.


    85. Was hat der Imker dabei (Anmerkung: beim Reinigungsflug zu tun?

    […] Aber sofort schaue man sich um, ob irgendwo im eigenen Garten oder in der Nachbarschaft Wösche hängt, und bitte nicht nur die betroffenen Hausfrauen, sie noch einmal auf ein Stündchen zu beseitigen, sondern man sei dabei auch nach Möglichkeit behilflich. […]


    91. Was ist Drohnenbrütigkeit und wie heilt man sie?

    [… zuerst wird die Buckelbrut einer Königin beschrieben mit Heilungsmöglichkeiten, dann Afterweiseln]

    Bei dieser Art von Drohnenbrütigkeit tut man am besten, keine Heilungsversuche zu unternehmen […] Man schließt das Flugloch eines solchen Volkes, lässt die Bienen sich vollsaugen und fegt sie dann vor den Stand, damit sie sich in der Nachbarschaft einbetteln. Nur wenn das drohnenbrütige Volk noch sehr stark sein sollte, hängt man ihm hinter Gitter ein Ersatzvolk bei, wechselt am zweiten Tage die Plätze, so dass das zugesetzte Volk nach vorn kommt und das drohnenbrütige hinter Gitter eingesperrt wird. Am dritten Tage entnimmt man das letztere, fegt seine Bienen vor den Stand, dass sie sich einbetteln müssen und wohl satt, aber verlegen ankommen. […]


    106. Sind Dickwaben für den Honigraum empfehlenswert?

    […] Aber nun sehe man sich einmal nach guter Tracht das Honiggewölbe oben auf jeder Wabe über dem Brutnest und Wintersitz an. Die Honigzellen sind ausgezogen, so dass nur eine Gasse von 5mm bleibt, durch die gerade eine Biene bequem durchschlüpfen kann. […] Und je enger der Zwischenraum zwischen den Honigklötzen ist, desto leichter ist es, das Entweichen der Wärme nach oben zu verhüten, und desto mehr Honig läßt sich auf geringem Raume speichern. Deshalb verwendet man im Honigraum zweckmäßig Dickwabenrähmchen von 35mm Holzbreite und mit Abstandsknöpfen von 5mm Höhe. In so tiefe Zellen kann auch die Königin keine Eier legen, und man kann in Frühtrachten das kalte Absperrgitter weglassen, durch das in dieser Zeit die Bienen nur ungern durchgehen.


    […]

    200 Fragen und Antworten von 1947 - nur gut dass sich dieses Buch nicht durchgesetzt hat, das halbe Imkerforum wäre arbeitslos :D

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    200 Fragen und Antworten von 1947 - nur gut dass sich dieses Buch nicht durchgesetzt hat, das halbe Imkerforum wäre arbeitslos :D

    Das Buch habe ich mir nun als Geschenk zu meinem Geburtstag gewünscht.


    Alleine die von dir dargestellten Ausschnitte haben mich sehr begeistert!


    Ich liebe dieses alte Wissen, welches leider immer mehr verloren geht!

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