Überlassung von Bienenvölkern fällt nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung

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  • Es gibt nicht wenige Imker/innen, die Bienenvölker "vermieten". Der BFH (Beschluss vom 12.11.2020, V R 22/19, veröffentlicht am 15.4.2021) hat jetzt (nicht speziell für Bienen, sondern für "Vieheinheiten" allgemein) geurteilt, dass das nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung fällt.

    Aus der Urteilsbegründung:

    1. Die Überlassung von Vieheinheiten betrifft keine in landwirtschaftlichen Betrieben erzeugten Gegenstände.

    2. Es liegt damit auch keine landwirtschaftliche Dienstleistung vor.

    Die Durchschnittssatzbesteuerung gilt nicht für solche Leistungen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeten Mittel beziehen.

    Die Überlassung von Vieheinheiten fällt weder unter "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" (Anhang VIII Nr. 4 zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL) noch unter die "Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken" (Anhang VIII Nr. 5 zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL). Die Überlassung der Vieheinheiten ist auch keiner der aufgeführten Leistungen vergleichbar, denn sie steht in keinem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion.


    Es gilt also der Regelsteuersatz (19%).


    Hinweis: Innerhalb der 4.000-Euro-Grenze für Nebenleistungen (Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung) ist die Durchschnittssatzbesteuerung aber möglich. Dieses Jahresgrenze gilt ausdrücklich für "die Erbringung sonstiger Leistungen, die nicht landwirtschaftlichen Zwecken dienen, aber einen engen Bezug zur eigenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugertätigkeit des Unternehmers aufweisen" (UStAE 24.6). Das sollte hier der Fall sein.

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  • Zitat

    1. Die Überlassung von Vieheinheiten betrifft keine in landwirtschaftlichen Betrieben erzeugten Gegenstände.

    Gilt dann aber so nicht für Bestäubung. Richtig?

    Imkern im Spannungsfeld zwischen Hoffnung und resignativer Reife

  • WFLP: Deine Fachkenntnis schätze ich hoch. Deshalb als Frage: Kann man das Fallbeispiel aus der Schweinezucht wirklich auf die Imkerei übertragen kann?

    Der springende Punkt für den BFH war offenbar (Zitat Zf. 2 c) bb)):


    "Der Kerngehalt der Überlassung von Vieheinheiten liegt damit in der Verschaffung von Steuervorteilen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer."


    Das ist m.E. bei der Vermietung von Bienenvölkern weder qualitativ, noch quantitativ der Kern, denn:

    - Aufstellung von Bienenvölkern soll Bestäubung und Umwelt fördern und ist damit geradezu typischer Ansatz imkerlicher Tätigkeit und so jedenfalls landwirtschaftstypischer als der Ausleih von Ferkeln (Parallele zur kommerziellen Bestäubungsimkerei).

    - Oftmals erhofft/erkauft sich der Mieter von Bienenvölkern einen ideellen bzw. Imagezugewinn. Er gibt schließlich auf seinem Dach/Gelände Bienen "ein Zuhause". Das ist ja ein geradezu typisches "Kern"-Image der Imkerei als spezieller Art von landwirtschaftlicher Tätigkeit, das Ferkelaufzucht nun wirklich nicht hat.

    - Angesichts der Höhe von Geldleistungen für Aufstellen (und imkerliche Betreuen) von Bienenvölkern kann man wohl allenfalls von Aufwandssentschädigung für den Imker sprechen, keineswegs von einer rentierlichen Miete, die über Abschreibungen und sonstige Kosten hinaus von vorn herein ja einen Gewinnanteil enthalten müßte.

  • "Der Kerngehalt der Überlassung von Vieheinheiten liegt damit in der Verschaffung von Steuervorteilen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer."

    Ja, aber die Begründung des BFH bezieht sich nicht allein auf dieses zusätzliche Tatbestandsmerkmal.

    Es ging hier in der Tat um Steuervermeidung, die Begründung ist aber allgemein.


    Aufstellung von Bienenvölkern soll Bestäubung und Umwelt fördern und ist damit geradezu typischer Ansatz imkerlicher Tätigkeit...

    Bestäubungleistungen sind ein anderes Thema. Mir ging es um die bloße Überlassung der Völker.


    Angesichts der Höhe von Geldleistungen für Aufstellen (und imkerliche Betreuen) von Bienenvölkern kann man wohl allenfalls von Aufwandssentschädigung für den Imker spreche

    Diese Kategorie gibt es im Umsatzsteuerrecht nicht. Das wäre nur ertragssteuerlich von Belang (fehlende Gewinnerzielungsabsicht).

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    2 Mal editiert, zuletzt von WFLP ()

  • Der springende Punkt für den BFH war offenbar (Zitat Zf. 2 c) bb)):


    "Der Kerngehalt der Überlassung von Vieheinheiten liegt damit in der Verschaffung von Steuervorteilen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer."


    Das sehe ich genauso. Es wurde nicht dargelegt, warum die Vermietung der Vieheinheiten einem landwirtschaftlichem Zweck dient. Hier wurde ein "Steuersparmodell" versucht.


    Bestäubung ist im meinen Augen wesentlicher Teil der Imkerei. Die Festlegung ob Bestäubung dann als Teil der Imkerei eine "Tätigkeit der landwirtschaftlichen Erzeugung" oder eine "Landwirtschaftliche Dienstleistung" ist, mag den Juristen erfreuen, hat aber auf die Besteuerung dann meiner Meinung doch keine Auswirkung. Ich sehe das entspannt.

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  • rase: Bestäubungsimkerei ist m.E. ein gleichberechtigter und idealtypischer Bereich landwirtschaftlicher Tätigkeit/Fachrichtung Imkerei. Es gibt ganze Imkereien, die nur auf diese Art der landwirtschaftlichen Dienstleistung spezialisiert sind, auch und gerade im internationalen Vergleich. Honig ist für die nur ein Abfall-, gut, sagen wir: Neben-produkt.

    Die Völker werden dabei auch keineswegs vermietet, sondern (nur) die Dienstleistung der Bestäubung bezahlt.

    Miete meint als juristischer Begriff dagegen die volle Gebrauchsüberlassung des Mietgegenstandes (hier der Bienenvölker) gegen Entgelt an den Mieter. Insofern wäre es bereits fraglich, ob das "Vermieten" von Bienenvölkern im juristischen Sinne wirklich eine Miete oder eben doch eine (landwirtschaftliche) Dienstleistung ist. In den wenigsten Fällen von "Mietvölkern" wird intendiert sein, daß der Mieter nach Belieben in den Völkern rumwühlen, Ableger bilden, Königinnen züchten, aromatisierten Zuckersirup für "Himbeerhonig" füttern, Varroabehandlungen ausprobieren oder andere Eingriffe zu deren "Gebrauch" durchführen darf.

  • Betrifft das dann hauptsächlich die sog. Mietbienen die teuer an Firmen gegeben werden, oder? Das damit 19% versteuert werden muss verstehe ich.


    Einfach eigene Bienen beim Bauer aufstellen wohl kaum.

  • Gilt dann aber so nicht für Bestäubung. Richtig?

    Das sehe ich auch so. Als Beispiel steht im (Anhang VIII zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL) u.a.:

    "Behandlung von Pflanzen und Böden durch Besprühen" und "Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken".

    Soweit man die Bestäubungsleistung als "Vermietung" betrachten will, würde sie auf jeden Fall landwirtschaftlichen Zwecken dienen. Man kann darin aber sicher auch eine "Behandlung von Pflanzen" sehen.

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  • Betrifft das dann hauptsächlich die sog. Mietbienen die teuer an Firmen gegeben werden, oder?

    Auf den Preis kommt es sicher nicht an. Das wäre gegen jede umsatzsteuerliche Logik.

    Man kann aber die Vermietung der Völker sicher gestalten. Z.B. überlässt man nicht die Völker, sondern den von ihnen produzierten Honig. Wie gesagt, dass der dann vielleicht teurer ist als anderer, spielt keine Rolle.

    Auch die Betreuung der Völker sähe ich als origninäre landwirtschaftliche Dienstleistung.

    Wichtig ist also, das vertraglich nicht als Überlassung der Völker darzustellen.

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  • Bestäubung ist im meinen Augen wesentlicher Teil der Imkerei.

    Wie gesagt, ich rede nicht von Bestäubungsleistungen. Die wären ohnehin nur von Landwirten, Obstgärtnern usf. nutzbar (im Sinne einen wirtschaftlichen Vorteils). Es geht ja um den Leistungstausch im Rahmen eines Vertragsverhältnisses.

    Leistungen für die Umwelt oder die Öffentlichkeit allgemein sind nicht steuerbar, weil ein konkreter Leistungsempfänger fehlt.


    Grundlegend ist eine Leistung umsatzsteuerbar, wenn folgende Merkmale vorliegen:

    • Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen, d.h. die Leistung muss sich auf den Erhalt einer Gegenleistung richten und damit die Gegenleistung auslösen.
    • Der unmittelbare Zusammenhang muss sich aus einem Rechtsverhältnis ergeben.
    • Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor.
    • Die Vergütung muss den Gegenwert für die Leistung bilden. Leistung und Gegenleistung brauchen sich dabei aber nicht gleichwertig zu sein.
    • Der Zahlende erhält einen Gegenstand oder einen sonstigen Vorteil, auf Grund dessen er als Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung angesehen werden kann;
    • Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein.

    Alles andere spielt keine Rolle.

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  • Man kann aber die Vermietung der Völker sicher gestalten. Z.B. überlässt man nicht die Völker, sondern den von ihnen produzierten Honig.

    Hm, ich würde vorsichtshalber das Wort "Miete" vermeiden. Anspruch auf den Honigertrag wäre mglw. bereits eine Form der Gebrauchsüberlassung. Deshalb würde ich auch das anders formulieren. Z.B. die Parteien sind sich einig, daß das Volk nicht zum Gebrauch überlassen wird und daß

    - der Imker alle fachlichen Entscheidungen bezüglich des Volkes nach eigenem Ermessen trifft incl. Zeitpunkt und Ausmaß der Honiggewinnung,

    - etwaiger Honigüberschuß des Volkes vom Imker gesondert gewonnen (Mehraufwand!) und an den Vertragspartner zum Preis von in Gebinden von ...g mit Sonderetikett Muster ... verkauft wird (ggf. noch Zeitraum, Zahlungsmodalitäten...).

  • Wie gesagt, ich rede nicht von Bestäubungsleistungen. Die wären ohnehin nur von Landwirten, Obstgärtnern usf. nutzbar (im Sinne einen wirtschaftlichen Vorteils).

    Mir war klar, dass Du das allgemeiner gefasst hattest. Ich hatte Bestäubung dehalb rausgepickt, weil rase das angesprochen hat. Ich wollte primär darauf Bezug nehmen.

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