Mysterium Honig-rühren

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  • Hallo zusammen,

    es gibt kein Thema in der Imkerei, welches für mich so undurchdringlich und mysteriös bleibt, wie das Honig rühren.

    Deswegen überwinde ich mich jetzt und stelle hier meine doofen Anfängerfragen rein, wenngleich das tatsächlich bei meiner Imkereigröße etwas lächerlich wirkt.


    Warum mich das alles so verwirrt:

    Ich habe Raps geschleudert und selbigen dann kurzfristig zwei mal gerührt, im Abstand von ca. 2-3 Tage. Dann war wieder Stress, ich habe den Raps stehen lassen, und siehe da: Eine Woche später in die Eimer geschaut, und allerfeinste Nutella-Konsistenz lachte mich fröhlich an!

    Doof nur: Das Zeug war ja noch in den Eimern, und nicht im Glas.

    Also stehen lassen, zum Abfüllen war gerade eh keine Zeit.


    Dann ist mir ein ziemlich dummer Fehler unterlaufen: Der Schleuderraum, den ich dieses Jahr neu bekommen habe und in dem noch die Rapseimer lagerten, kann sich auch mal auf 30-33 Grad erwärmen, wenn da so richtig die Sonne drauf brät.

    Da habe ich dann mal aus Neugier in die Rapseimer geschaut, in denen der Raps nicht mehr nutellagleich war, sondern deutlich flüssiger. Ich will den Begriff "Schleim" nicht verwenden, aber die festere Konsistenz von davor hatte mir deutlich besser gefallen, jetzt aber hatte der Schleuderraum wie ein Wärmeschrank funktioniert, der Raps war wieder flüssig, aber eben flüssiger als erhofft.

    Seitdem ist er in dieser flüssigeren Konsistenz geblieben.


    Ich hatte vorher angenommen, dass es durchaus möglich ist, den Honig in Eimer zur gewünschten Konsistenz zu bringen, um ihn dann, wenn Zeit ist, noch mal aufzutauen und dann abzufüllen.

    Aber scheinbar habe ich da im Arbeitsablauf etwas ganz grundsätzlich missverstanden.


    Jetzt ist es wie folgt:

    Ich kann zu Hause keinen Honig mehr be- und verarbeiten (wir haben von meiner Mutter zwei Katzen geerbt, und die Katzenhaare... sie sind einfach überall!)

    Daher brauchte ich etwas, dass mir automatisiert den Honig rührt, denn der besagte Schleuderraum ist etwas weiter weg, und da kann und will ich nicht zwei Mal pro Tag zum Rühren hin fahren. Also habe ich mir ein beheiztes Rührfass besorgt.


    Dazu habe ich noch sehr viele Eimer Linde im Keller, die jetzt nach und nach verarbeitet werden sollen.

    Letztes Jahr hatte ich noch so wenig Linde, dass die schnell abverkauft war. Aber es zeigte sich, dass diese unbearbeitete Linde nach ca. 11 Monaten vom Glasboden ab aufwärts grob auskristallisierte.

    Das möchte ich jetzt gerne vermeiden.


    Daher folgende Fragen:

    Sehe ich es richtig, dass ich an dem Raps nicht mehr viel machen kann, tolles Rührfass hin oder her?

    Wie geht man bei Raps denn eigentlich richtig vor? Hätte ich die Eimer kalt stellen sollen? Aber ich hätte sie ja auftauen müssen, um abzufüllen - bei welcher Temperatur hätte das geschehen sollen?

    Die Linde, die ich jetzt testweise mal aufgemacht habe, scheint grob auszukristallisieren. Da muss also noch was anderes als Linde mit drin sein.

    Ich habe einen Melitherm - soll die Linde durch den Melitherm und dann ins Rührfass? Und wenn ja, wie lange und wie oft rühren - bzw. worauf ist zu achten, bspw. bei der Rührtemperatur.


    Gehe ich richtig in der Annahme, dass ich den Raps auch nicht zum Impfen der Linde verwenden kann, weil dessen Konsistenz ja Murks ist?

    Mein erstes, kleines Ziel ist es, dass die Linde gleichmäßig auskristalisiert - ob grob oder fein ist mir erst einmal fast egal.

    Wenn der Raps zum Impfen nicht taugt, dann habe ich keinen eigenen Impfhonig für die Linde. Was macht man denn in so einem Fall am Besten? Gar nicht impfen? Und wenn nicht geimpft wird, wie sollte dann (anders) gerührt werden?


    Ich glaube, das sind fürs Erste die gröbsten Fragen. Allerdings merke ich schon beim Schreiben, wie konfus ich das alles finde.

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  • Kannst den Raps zum impfen nehmen, der ist dafür gut. Den Raps selber kannst Du auch einfach retten: nimm ein Drittel und mach den wieder ganz flüssig, dann alles zusammen, gut mischen und abfüllen. Gläser nach ein paar Tagen kühl stellen. Und denk zwischendurch Mal an was schönes :)

    Imkern im Spannungsfeld zwischen Hoffnung und resignativer Reife

  • Hi Ralf,


    ich bin zwar noch kein Honig Profi, liebe es aber mich mit dem Thema auseinander zu setzen.


    Ein Paar Grundsätzliche Dinge:

    - Niedrige Temperatur ist gut für Kristallbildung

    - Hohe Tempertur ist gut für Kristallwachstum

    - Melitherm ist Reset


    Deinen Raps kannst du also einfach durch den Melitherm lassen. Dann sind alle Kristalle raus und du hast einen neuen versuch. (Oder du machst es wie Ralf es beschrieb)

    Wenn ich das richtig verstehe passt sich dein Schleuderraum mehr oder minder der Außentemperatur an.

    Also: Lass den Raps durch den Meli, dann ab damit in den Rührer sobald es wieder kühler wird. (Am besten unter 15 grad).

    Den lässt du dann per intervall rühren, wenn er so ist, dass du ihn eigentlich schon eine ecke zu fest zum abfüllen ist, machst du ihn wieder ein bisschen wärmer (ca. 25 Grad - nicht zu warm, sonst lösen sich die ganz feinen kristalle wieder auf) und füllst ihn ab.

    Mit diesem Raps kannst du dann deine Linde impfen. Also: Linde durch den Melitherm, ins Rührfass, 1 oder 2 oder mehr KG feincremigen Raps dazu und gib ihm.


    Das muss man einfach lernen, irgendwann bekommt man ein Gefühl für den Honig. Dir werden Chargen im Glas Blüten bekommen und du ärgerst dich, und dann werden dir wieder chargen im Glas schleimig sein und nicht fest werden.

    Das bekommt man aber raus. Dann wirst du merken dass es ein gravierender unterschied ist, ob du Raps oder Lindentau oder Lindenblüte oder Wald hast. Die verhalten sich komplett unterschiedlich.


    Du hättest deinen Nutellaraps einfach Warmmachen können bis er abfüllbar ist, einmal kurz per Hand durchrühren und dann abfüllen. Der wird dann im Glas wieder fest. Zwar nichtmehr so fest wie im Eimer, aber gut. Wenn er im Glas fester weren soll musst du ihn nicht nur warm, sondern wieder "Halbflüssig" machen - Abfüllen, kaltstellen. (Dann wird er aber nicht mehr ganz so fein, weil sich eben die feinsten Kristalle als erstes auflösen und die etwas gröberen die übrig bleiben sozusagen als impfe fungieren)

    Was nie schadet ist den Honig vor dem Kaltstellen noch bei min. 22 Grad (1 oder 2 Tage) entspannen zu lassen, das minimiert das Risiko der Blütenbildung.


    Honig perfekt inst Glas zu bringen klingt anfangs wie Raketenwissenschaft. Wenn man aber mal anfängt sich damit auseinanderzusetzen wird man Charge für Charge schlauer.

    Mikrowellen-Essen aus biologischem Anbau lässt uns nur so leise aufstoßen, dass sich niemand belästigt fühlt.


  • Du hättest deinen Nutellaraps einfach Warmmachen können bis er abfüllbar ist, einmal kurz per Hand durchrühren und dann abfüllen. Der wird dann im Glas wieder fest.

    Vielen Dank Luis für deine ausführliche Erklärung!

    Zu dem Zitat eine Verständnisfrage: Der Nutellaraps wurde ja durch die Raumtemperatur abfüllbar erwärmt. Ich habe ihn nicht mehr durchgerührt, aber hätte er dann nicht trotzdem wieder im Eimer fest werden müssen, wo die Temperaturen später wieder gesunken sind?

  • Und dann die Temperatur lieber bei 7-11°C als bei 11-15°C halten.

    Da kristallisiert der Honig feiner als bei höheren Temperaturen.


    .. meint der, der seinen letzten Honig geimpft und gerührt, sofort abgefüllt und bei 7°C ohne rühren eingelagert hat. War super feinsteife Konsistenz.

  • Glaube nicht. rase hat ein gekühltes Rührwerk. Denke der kühlt da wirklich auf 11°C und rührt dabei.

    Ein Paar Grundsätzliche Dinge:

    - Niedrige Temperatur ist gut für Kristallbildung

    - Hohe Tempertur ist gut für Kristallwachstum

    - Melitherm ist Reset

    Bei niedriger Temperatur bilden sich eher neue (feine) Kristalle als das Kristalle wachsen und gröber werden. So auch meine Erfahrung.


    Und der Melitherm knackt alle Kristalle und "reseted" die Kristallbildung.

    Im Wärmeschrank sind schon ab und an noch grobe Kristalle im Honig, die den Honig wieder grob auskristallisieren lassen.

  • Hallo Luis,


    Ich bin ebenfalls noch kein Rührprofi, stutze aber gerade unsere das Wachstum unter hoher Temperatur. Also, bei höherer Temperatur wachsen große Kristalle, bei niedriger bilden sich schneller neue Kristalle?


    Ich bemühe mich derzeit gerade um niedrige Temperaturen in dem Raum, in dem der Rührer steht. Ist das überhaupt sinnvoll?


    Ich verarbeite gerade Sommerhonig mit Linde und Honigtau.

    Mein Vorgehen: Erste Charge wurde mit feincremigem Frühjahrshonig geimpft.

    Ich fülle immer ca 70 Prozent der Ladung ab, dann fülle ich den Rührer wieder durch den Melitherm auf und lasse 4x täglich rühren, bis die Konsistenz passt. Raumtemperatur ca 17 Grad.


    Bisher bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden, mal sehen, wie es nach einer gewissen Lagerzeit aussieht.

  • Der Nutellaraps wurde ja durch die Raumtemperatur abfüllbar erwärmt. Ich habe ihn nicht mehr durchgerührt, aber hätte er dann nicht trotzdem wieder im Eimer fest werden müssen, wo die Temperaturen später wieder gesunken sind?

    Da weis ich auch nicht wirklich weiter. Bin leider noch kein Profi. Irgendwie muss er sich unter temepratur halt zu schleim entweickelt haben. Und schleim wird einfach nicht mehr fest... die kristalle können keine stabile strucktur mehr bilden.

    Daher dann die zwei vorgeschlagenen vorgehensweisen: Etwas wärmer machen, damit ein Teil des honigs wieder flüssig wird, und sich daraus wieder Strukturen Bilden können, oder eben einen Teil wieder flüssig machen und durchmischen. Ist dann beides der Selbe effekt. Der flüssige Honig darin sorgt in beiden Fällen dafür, dass sich wieder stabile Strukturen bilden können.

    Wenn die Raumtemperatur bei 10 Grad liegt, kann ich das Rührwerk auf bspw. auf 15 Grad einstellen und rühren lassen.


    Wenn Ralf sagt 11 Grad würde ich das so machen.

    Ich war jetzt nur nicht davon ausgegangen, dass es in deinem Raum sooo kalt wird, daher die angabe mit am besten unter 15... darüber wird es mit jedem Grad schwieriger - also langwieriger und die Kristalle wachsen größer.


    Wenn der Raps 11 Grad hat, bekommt man ihn womöglich nicht abgefüllt, vermute ich? Wenn ich richtig vermute, auf wie viel Grad erwärme ich dann vor dem abfüllen, damit ich ihn ins Glas bekomme?


    Ich persönlich packe den Löwenzahn dann bei ca. 28 Grad in den Wärmeschrank zum Abfüllen. Zu viel darüber hast du schon wieder das Problem, dass die feinen Kristalle schmelzen und der Honig ansich wieder gröber & fester wird.


    Du wirst merken dass der Wassergehalt bei der Endkonsistenz eine große rolle spielt.
    Je niedriger der Wassergehalt, umso länger rühre ich den Honig vor dem erneuten anwärmen und Abfüllen.
    Weil:

    - je niedriger der Wassergahlt, umso fester wird er im glas.

    - je länger du rührst, umso weicher wird er im glas...
    Ich versuche also diese effekte je nach Wassergehalt gegeneinander auszuhebeln.

    Mikrowellen-Essen aus biologischem Anbau lässt uns nur so leise aufstoßen, dass sich niemand belästigt fühlt.



  • Genau, kühler ist besser.
    Ich habe gerade eine charge mit recht hohem Wald-gehalt und der muss aber cremig ins Glas. Und das am besten Gestern.
    Der steht jetzt testhalber nichtmehr im Keller bei 14 Grad, sondern am Balkon bei 4-10 Grad... :)

    Ich persönlich würde den Rührer galube ich nicht direkt aus dem Meli befüllen, sondern den Honig davor bisschen abkühlen lassen, da ich angst hätte dass der heiße Honig mir die feinen Kristalle in der Impfe auflöst... Da ich aber leider (noch) kein Rührwerk habe, kann Ralf das vllt besser beurteilen.

    Mikrowellen-Essen aus biologischem Anbau lässt uns nur so leise aufstoßen, dass sich niemand belästigt fühlt.


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