Liebig vs. Binder

  • Hallo Bienenfreunde,


    ich bin relativ neu in der Szene und möchte dieses Jahr beginnen. Habe schon viel gelesen... Aber auch viele unterschiedliche Meinungen gehört. Ich würde gern mal eine Ansammlung eure Meinungen zum Thema Brutraum hören. Ich habe mich schon so gut wie festgelegt auf Zander Dr Liebig und stehe jetzt noch vor der Frage, welche Betriebsweise für mich die bessere ist. Grundsätzlich ist zu sagen, dass ich eine Nebenerwerbs Imkerei gründen möchte. In welchem Umfang und Größe diese ausgebaut wird, ist mir noch nicht so ganz klar, da ich noch keine Praxiserfahrung habe und noch nicht genau weiß, wie sich dies in mein alltägliches Arbeitsleben zeitlich einbauen lässt. Grundsätzlich plane ich mit einer Völker Anzahl von 20 bis 50. Nun habe ich schon viel über Pia Aumeier und Liebig sowie Binder gelesen.


    Also wir sprechen ja im ersten Fall von einem zweizargem Brutraum, einer Kipp Kontrolle und mehr oder weniger Zargen statt Rähmchen Imkerei. So beschreibt es Frau Dr Aumaier sehr gut . Das hört sich alles toll an und für mich auch plausibel, wenn es so funktioniert, wie sie sagt. Die Idee ist ja folgende: Ich setze im Frühjahr den zweiten Brutraum auf und mache ab April die Schwarmkontrolle nur als Kippkontrolle ohne Rähmchen zu ziehen und auch nur an der oberen Zarge. Funktioniert das denn so oder bilden sich Schwarmzellen auch noch an der unteren Brutzarge bzw. übersehe ich bei dieser Betriebsweise auch schnell mal eine Zelle? Im Frühherbst wird dann die untere Brutraumzarge einfach entfernt. Somit hat sie auch wenig Probleme mit stechenden Bienen, da in der oberen Zarge meist nur die Bienen sitzen, die die Brut versorgen. Das würde auch bedeuten, dass ich pro Volk auch relativ wenig Zeit brauche , da sie von April bis August fast keine Wabe zieht. Nachteile, die ich im Moment noch sehe, sind mehr Anschaffungskosten und größere Lagerkapazitäten, die ich im Winter brauche.


    Nun argumentiert Jürgen Binder, dass der einräumige Brutraum einen höheren Honig Ertrag bringt, da die Bienen eine bessere Temperatur entwickeln und dadurch die Brut Leistung erhöht wird. Der Honig Raum wird früher aufgesetzt und es wird früher eingetragen. Diese Betriebsweise funktioniert ja auch wohl mit Zander, da wir maximal 6-7 Waben mit der Brut besetzen. Für mich hört sich das allerdings auch nach mehr Arbeit an, da ich Trennschiede immer wieder setzen, rausnehmen und das allgemeine Waben Bild verändern muss . Das heisst ja auch, dass ich auf Veränderungen schneller reagieren muss und wahrscheinlich auch mehr Erfahrung haben muss.


    Deshalb die große Frage an euch, für was würdet ihr plädieren und welche Erfahrungen habt ihr über einen längeren Zeitraum gemacht? Es wäre schön, wenn sich ein paar Ideen und Argumente sammeln lassen sodass sich ein gutes Meinungsbild ergibt . Es kann ja auch sein, dass sich das eine oder andere bei größerer oder kleinerer Völkerzahl besser macht.


    Vielen Dank euch schon mal vorab

  • Grau ist alle Theorie - mach' einen Imkerkurs, such' Dir einen guten Imkerpaten, schaust ihm zu und dann bekommst von ihm einen Ableger.

    Dann steckst Du "die Hände in den Teig" und weißt schon bald, was Dir am besten liegt.


    Es gibt hier im IF unzählige Diskussionen zum Thema ein-, zwei- oder dreiräumig (Flachzargen) - Suchfunktion!


    Hätte ich vor, Nebenerwerbsimkerei zu betreiben, würde ich v.a.D. den erforderlichen Zeitbedarf abklären. Das geht nur praktisch.


    Und bei 50 Völkern liegt der Finanzbedarf für brauchbares und dauerhaftes Material schnell mal bei 10 T€ +. Auch darum muss man sich schon genau überlegen, wie es praktikabel und finanzierbar ist.

  • Schwarmzellen können auch anderswo angelegt werden. Die Kippkontrolle muss also nicht 100% sicher sein.


    Ich bin auf Dadant unterwegs und habe noch einige Mini Plus Beuten. Wenn man so will ist Mini Plus ja Zargenimkerei im Extrem.


    Mich nervt das Zargen weg heben dabei extrem. Bei gröẞeren Eingriffen zerlegt man den ganzen Stock, muss die Zargen neben hin legen, Bienen fliegen dann zurück und es ist ein riesen Trubel am Stand. Da ist mir dir Großwabe lieber.


    Das mit dem Lagerraum sollte man auch nicht unterschätzen. Ich bin jetzt im dritten Jahr und inzwischen steht der gesamte Speicher mit Bienenkram voll.


    Aber ist natürlich auch einfach Geschmackssache und Zander ist nochmal was anderes als Miniplus. Imkeren kann man in fast jeder Kiste.

  • Nachdem Du Dich ja schon auf Zander festgelegt hat, ist der Rest einfach zu beantworten: Probiers aus! Bei der Frage des Materials macht es ja keinen Unterschied. Das wäre nämlich ungünstig, wenn man erst mal Dutzende Kisten rumstehen hat.

    Ansonst wirst Du hier viele Meinungen zu dem Thema bekommen (bemüh mal die Suchfunktion).

    Eines kann ich Dir aber aus eigener Erfahrung sagen: Wie man mit der Kippkontrolle eine verlässliche Schwarmkontrolle machen soll, ist mir ein Rätsel.

    I never loose - either I win or I learn (Nelson Mandela)

  • Für mich hört sich das allerdings auch nach mehr Arbeit an, da ich Trennschiede immer wieder setzen, rausnehmen und das allgemeine Waben Bild verändern muss .

    Nein, genauso arbeitet man NICHT mit dem Schied. Der angepasste Brutraum ist ein Gegenentwurf zum zweiräumigen BR und bedeutet so wenig Eingriffe wie nur möglich, deshalb setzen des Schiedes im Frühjahr und dann ungestört lassen bis zum Ende der Frühtracht. Alles andere ist nicht zielführend und überflüssig.

    Die Bevorzugung lokaler Produkte ist weder Nationalismus, noch Faschismus, noch Protektionismus, sondern ist nur ein Symptom von Intelligenz und Umweltverträglichkeit.

  • bzw. übersehe ich bei dieser Betriebsweise auch schnell mal eine Zelle?

    Auf jeden Fall.


    Grundsätzlich plane ich mit einer Völker Anzahl von 20 bis 50.

    Pläne in der Imkerei sind so eine Sache - die wenigsten haben lange Bestand :)

    Bei 50 Völkern ist weniger die Kiste ausschlaggebend (bis Du 50 Völker bewirtschaften kannst, hast du schon rausgefunden, was dir liegt und zwischendrin viel Geld versenkt), als vielmehr die Logistik drumherum (Räumlichkeiten, Transportmöglichkeiten, alles rund um Honigverarbeitung).

    Das würde auch bedeuten, dass ich pro Volk auch relativ wenig Zeit brauche , da sie von April bis August fast keine Wabe zieht.

    Nee. Das stimmt so nicht - sagen auch Aumeier und Liebig nicht. Du findest bei der Kippkontrolle Schwarmzellen. Und dann musst du 20 Rähmchen ziehen. Wenn von deinen 50 Kisten durchschnittlich 30% in Schwarmstimmung sind (also 15+ Stück), und du pro Durchsicht deines Bestandes 300+ Rähmchen ziehen musst, dann hasst du alles und möchtest alles anzünden - aber es ist ja Hochsommer und 30 Grad im Schatten, von daher brennt eh schon alles.



    und größere Lagerkapazitäten, die ich im Winter brauche

    Du brauchst immer mehr Lager, als du hast. Egal mit welcher Betriebsweise :)



    Nun argumentiert Jürgen Binder, dass der einräumige Brutraum einen höheren Honig Ertrag bringt, da die Bienen eine bessere Temperatur entwickeln und dadurch die Brut Leistung erhöht wird.

    Ob man mit dem angepassten BR mehr Honig macht, habe ich nie so wirklich gemessen. Man hat halt im BR keine Honigkränze mehr, das ist alles im HR. Aber dafür haben die Kisten auch keinerlei Reserven mehr, wenn man alles aberntet. Also lässt man immer einen HR drauf, damit noch was da ist. So gesehen hebt sich das dann auf, denke ich.

    Aber das mit der Temperatur ist so eine Behauptung, die da immer so in den Raum geworfen wird. Und ich frage mich, ob das mal jemand halbwegs wissenschaftlich überprüft hat.

    Ich konnte für mich da keine Unterschiede feststellen.


    Wenn es um die Brutleistung der Bienen geht, scheint mir die Königin und die Pollen/Nektar Situation vor Ort weit wichtiger, als das Schied, bzw. der angepasste Brutraum.


    Aber, wie gesagt: Der Binder (und auch der Heuvel) haben dazu plausibel klingende Theorien, warum das anpassen des BR eine positive Auswirkung auf die Entwicklung des Bien haben sollen - nur vermisse ich noch die wissenschaftliche Bestätigung dieser Theorien.


    Für mich hört sich das allerdings auch nach mehr Arbeit an, da ich Trennschiede immer wieder setzen, rausnehmen und das allgemeine Waben Bild verändern muss . Das heisst ja auch, dass ich auf Veränderungen schneller reagieren muss und wahrscheinlich auch mehr Erfahrung haben muss.

    Schied setzen ist überhaupt keine Raketentechnik. Das bekommt man auch als Anfänger hin, wenn man die Theorie dahinter verstanden hat. Man ändert das vielleicht in der Saison dann noch 1-2 Mal, weil einem eben die Erfahrung fehlt, das gleich zu Beginn richtig einzuschätzen. Aber das macht praktisch keine Arbeit.

    Und dann hat man nur 8-10 Rähmchen pro Kiste nach Schwarmzellen durchzusuchen, wenn denn wieder die 30% der Kisten auf dumme Gedanken kommen. Das sind in Summe dann nur 150 Rähmchen pro Durchsicht des Bestandes, oder noch etliche weniger, wenn man gleich ein Großwabenformat wie Zadant, Dadant oder DNM 1.5 nimmt.

    Deshalb die große Frage an euch, für was würdet ihr plädieren und welche Erfahrungen habt ihr über einen längeren Zeitraum gemacht?

    Stand jetzt?

    10er Dadant im BR mit Langstroth 2/3 HR.


    Aber das ist halt sehr subjektiv! Es ist das Werkzeug, von dem ich meine, dass ich damit am besten zurecht komme.

    Auf jeden Fall großformatige Brutwaben, und ein Schied. Dann ist im BR immer Platz zum rangieren der Waben, man muss weniger durchsehen und weniger einlöten und weniger ausschmelzen pipapo.

  • Und dann hat man nur 8-10 Rähmchen pro Kiste nach Schwarmzellen durchzusuchen, wenn denn wieder die 30% der Kisten auf dumme Gedanken kommen. Das sind in Summe dann nur 150 Rähmchen pro Durchsicht des Bestandes, oder noch etliche weniger, wenn man gleich ein Großwabenformat wie Zadant, Dadant oder DNM 1.5 nimmt.

    Woher weiß ich denn, welche 30% meines Bestandes auf dumme Gedanken kommen, ohne die Waben zu ziehen? Ernstgemeinte Frage, vielleicht kann ich ja hier noch was lernen.


    Ich bin einzargig auf Zander unterwegs, ziehe zur Schwarmkontrolle alle Waben da ich von außen ja nicht (hinreichend zuverlässig) sehe, welche grade in Reisestimmung sind. Insofern zieht man bei der Kippkontrolle dann doch weniger Waben - von der ich aus den genannten Gründen aber auch abrate.

  • Woher weiß ich denn, welche 30% meines Bestandes auf dumme Gedanken kommen, ohne die Waben zu ziehen?

    Laut Liebig mit seiner Kippkontrolle, einfach unterstellend, dass die dann ausreicht, die Völker in Schwarmstimmung zu finden.

    WENN man dann etwas gefunden hat, DANN müssen auch bei Liebig ALLE Rähmchen gezogen werden (also bei ihm: Zander, 2 BR = 20 Rähmchen pro Kiste).


    Ich bin einzargig auf Zander unterwegs, ziehe zur Schwarmkontrolle alle Waben da ich von außen ja nicht (hinreichend zuverlässig) sehe, welche grade in Reisestimmung sind.

    Ja genau. Oder man geht irgendwann dazu über, nur ein, zwei Waben aus dem zentralen Brutnest zu ziehen, und den Drohnenrahmen im Auge zu behalten, und zu hoffen, dass sie sich hier schon verraten.

    Aber Liebig lehrt dann, dass man alle Waben ziehen soll.


    Ich bin, völlig entnervt, schnell zum Imkerbedarfsladen gerannt, und habe DNM 1.5 Kisten gekauft :)

  • Bei der Kippkontrolle sehe ich (in der Theorie) welche 30% in Schwarmstimmung sind und ziehe nur dort Waben. Ohne Kippkontrolle sehe ich das allerdings nur durch Wabenziehen. Dabei ist das Format ja erstmal egal und auch ob ich nur ein, zwei aus dem Zentrum und/oder den Drohmenrahmen checke.


    Ich hab deine oben zitierte Aussage nun dahingehend interpretiert, dass du auch bei deinen einzargigen Völkern nur diejenigen kontrollierst (= Waben ziehst), welche in Schwarmstimmung sind. Daher die Frage, wie du die schwarmlustigen Völker identifizierst, eben ohne Waben zu ziehen? Oder interepretiere ich die Aussage einfach falsch und wir reden aneinander vorbei? :)

  • Oder interepretiere ich die Aussage einfach falsch und wir reden aneinander vorbei?

    Vermutlich :)

    Also:

    • Ich ziehe alle Waben, weil mir auch die Erfahrung fehlt, Schwarmstimmung nur an Indizien zu erkennen, und
    • weil ich die Kippkontrolle als unzuverlässig erlebt habe.
    • Weil ich aber irre geworden bin, mit den ganzen Rähmchen, die man ziehen muss, habe ich auf große Brutwaben umgestellt.
    • Jetzt habe ich vielleicht mit dem angepassten BR noch 5-7 Waben zu ziehen, wobei
    • ich die Randwaben mit Pollen oder etwas Futter gerne außen vor lasse, und mich auf die reinen BW beschränke.

    Manchmal muss ich bei Völkern befallsbedingt eine frühe TBE machen. Oder ich habe Völker, die 3 Wochen hintereinander Zellen bauen.

    Die TBE'e ich dann, und dann schaue ich da nur noch nach der BN-Entwicklung, aber nicht mehr nach Schwarmzellen.

    Aber das nur am Rande.

  • Und dann hat man nur 8-10 Rähmchen pro Kiste nach Schwarmzellen durchzusuchen, wenn denn wieder die 30% der Kisten auf dumme Gedanken kommen. Das sind in Summe dann nur 150 Rähmchen pro Durchsicht des Bestandes, oder noch etliche weniger, wenn man gleich ein Großwabenformat wie Zadant, Dadant oder DNM 1.5 nimmt.

    Woher weiß ich denn, welche 30% meines Bestandes auf dumme Gedanken kommen, ohne die Waben zu ziehen? Ernstgemeinte Frage, vielleicht kann ich ja hier noch was lernen.

    Ich machs so, dass ich erstmal nur von unten in die Brutzarge schau. Waben zieh ich erst, wenn ich Weiselbecher von unten seh und/oder der Drohnenbau im hohen Boden stagniert ist.

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