Im Winter blüht der Theoretiker wieder so richtig auf!
Ich habe in einer Zeit begonnen zu imkern, als der angepasste Brutraum offenbar gerade so richtig in Mode gekommen ist. Jedenfalls beschäftigt mich dieses Thema nun schon fast so lange, wie ich Bienen halte. Nachdem ich die einschlägige Literatur, die mir so zugänglich ist, zigmal durchgelesen habe, glaube ich auch, dass ich das Grundprinzip einigermassen verstanden habe. Dabei könnte ich mich natürlich auch irren. Allerdings verstehe ich nicht, weshalb man den ganzen Eiertanz veranstaltet: In den Monatsbetrachtungen 2017 hat J.B. die Ansicht vertreten, man müsse den Völkern schon im Oktober (!) alle nicht benötigten Waben entfernen; im Frühjahr werden dann nach und nach einzelne Waben zugehängt, das Brutnest wird aber jederzeit von zwei Thermoschieden eingegrenzt. Das klingt ja soweit vielleicht ganz schlüssig. Aber Gerstung, der schon rund 100 Jahre früher den Satz geprägt hat, dass die Wärme das Lebenselement des Biens sei, hat geschrieben, dass die leeren Waben am Rand des Brutnestes genau jene Wirkung hätten, die man mit dem Thermoschied erzeugen will, was ja auch irgendwie einleuchtet (Der Bien und seine Zucht, S. 121).
Naiv, wie ich bin, nehme ich an, dass sich ein Bienenvolk naturgegeben ökonomisch verhält: Es wird im frühen Frühjahr sein Brutnest relativ klein halten, für einen Futterstrom von den Aussenwaben sorgen, wann immer das möglich ist, und ansonsten die leeren Waben am Rand des Brutnests als natürliche Thermoschiede nutzen. Erst wenn die Bedingungen stimmen, wird das Brutnest ausgedehnt werden. Sagen wir mal, ich hätte von Oktober bis April sieben Waben in einer 12er-Dadant-Beute. Wenn alles rund läuft, werden alle sieben Waben im April mehrheitlich oder grösstenteils oder sogar komplett bebrütet sein. In den Wochen davor hat sich das Brutnest kugelförmig vom ersten Handteller auf z.B. der mittleren Wabe stetig ausgedehnt, die Randwaben blieben lange voll Futter, wurden dann zu isolierenden Leerwaben und schliesslich zu Brutwaben; überall waren schöne Futterkränze, in die hineingebrütet wurde. So würde ich mir einen optimalen Ablauf vorstellen. Mit der J.B.-Methode würde ich die isolierenden Leerwaben durch Thermoschiede ersetzen, die Bienen zur Anlage eines rechteckigen Brutnestes zwingen und schliesslich dazu treiben, auf sieben Waben zu brüten. Dasselbe Ergebnis mit viel mehr Eingriffen, der Notwendigkeit eines guten Fingerspitzengefühls und eines fraglichen (?) Mehrwertes. Wieso das? Versagt die Bienenbiologie, wenn man die Bienen machen lässt? Werden sie die Brut ungünstiger und kühler aufziehen und dadurch kurzlebigere Bienen produzieren? Werden sie ein solches Durcheinander beim ersten Pollen- und Nektareintrag anstellen, dass der Legegang der Königin gestört wird? Dann hätte Gerstung diesen doch gar nicht beobachten und beschreiben können.
Tut mir leid für den langen Text. Ich hoffe, Ihr versteht, wo meine Bedenken liegen. Vielleicht übersehe ich ja etwas. Persönlich neige ich mittlerweile dazu, es den Bienen zu erlauben, ihren Brutraum zwischen Oktober und April selbst anzupassen, weil ich denke, dass sie das auch ohne ständige Eingriffe meinerseits (die ja jedes Mal viel Wärme kosten!) ganz gut hinkriegen sollten …