Mein Gespräch mit dem Rapsbauer

  • Mein Bienenstand steht in einer Gartenanlage unweit mehrerer Rapsschläge. Ich kann mich bisher nicht beschweren: die Frühjahrshonigausbeute ist super und von den von hornet beschriebenen Schäden habe ich bisher nichts bemerken können (wenn man mal davon absieht dass man z.B. Flugbienenverluste ohnehin nicht bemerken würde). Die Völker bekommen eher einen Pusch durch den Raps, als das es ihnen schlechter gehen würde. Ehrlich gesagt habe ich auch noch von niemandem hier in der Gegend gehört, dass ganze Völker im Raps verstorben sind. Und die Haupttracht ist bei fast allen Raps.


    Ich denke die Honigbiene überspielt negative Effekte des Rapsanbaus einfach mit der enormen Entwicklungsdynamik der Völker. Selbst wenn da ein paar Tausend Bienen verloren gehen, sind die in wenigen Tagen mehr als ersetzt. Mit einer Woche AS-Verdunstung im Volk richte ich wahrscheinlich wesentlich mehr Schaden im Volk an, als der Raps. Bei Insekten die solitär leben, sieht das mit der Schädigung u.U. schon wieder ganz anders aus.


    Aber von tatsächlichen Schäden bei meinen Völkern mal abgesehen, finde ich es bedauerlich, dass so wenig Bio-Raps angebaut wird. Gift spritzen zur Ertragsmaximierung ist langfristig gesehen eine Sackgasse.

  • Ich selbst bin bisher ebenfalls von sichtbaren Schäden verschont geblieben.

    Da gibt es aber ganz andere Berichte von Leuten auch aus diesem Forum.


    Aber die unsichtbaren Schäden, die hat dafür fast jeder von uns, auch abseits vom Raps und die sind es, dir mich am allermeisten stören. Denn gegen die unternimmt niemand etwas, weil man sie nicht direkt sieht und die Folgen nicht so einfach beweisen kann.


    Und weil sie nicht nur unsere Bienen, sondern die gesamte Insektenwelt und im Gefolge alles treffen, was von diesen Insekten lebt.

    Weil es ein Symptom dessen ist, was uns alle betrifft: Die schleichende Vergiftung unserer gesamten Landschaft.


    Aber weil halt nirgendwo ein großes Tier wie auch ein Mensch deswegen einfach mal umfällt, kümmert es die Leute nicht und es wird munter weiter gespritzt (nicht nur Raps) und überdüngt (artenarme, grüne Wüstenwiesen) und übermäßige Wiesenmahd betrieben.

    Das einzige was uns langfristig helfen könnte, wäre ein weiterer Aufschwung der Biolandwirtschaft, immerhin geht es hier nach wie vor aufwärts, wenn auch unendlich langsam.

  • Wir müssen nüchtern feststellen, dass es in einer Landwirtschaft ohne PSM und intensiver Düngung praktisch keinen Raps gäbe. Er ist extrem anfällig und braucht viele Nährstoffe. Beides macht ihn für den Bioanbau wenig geeignet. Dass hier Treibstoff auf den Acker wächst, ist noch ein ganz anderes Thema, zumal die Energiebilanz lausig ist.

    Ich könnte ohne den Raps auch gut leben. Zwar wären die Frühtrachternten kleiner, aber die Qualität des Honigs sicher besser.


    Diesmal hat die Biokontrolle eine Rückstandsprobe bei der Frühtracht genommen. Ich bin auf das Ergebnis gespannt.


    Wolfgang

    I never loose - either I win or I learn (Nelson Mandela)

  • Danke zuerst einmal für die guten und ausführlichen Informationen.


    Ich möchte auf Raps nur ungern verzichten, meinem Eindruck nach trägt er zur guten Entwicklung der Bienenvölker bei, passt bei mir optimal in das Trachtband (Obst/Ahorn - Raps - Robinie - Linde), ist die ergiebigste Sorte und viele meiner Kunden mögen ihn sehr.

    Zudem habe ich zwei schöne Stellplätze, die ich im Wechsel anwandern kann udn wo man mir und den Damen wohlgesonnen ist!

  • Kann vieles sein...

    ...mußt Du Dir imho aber genauso wenig Gedanken drüber machen wie über die Rapssorte.


    Einfach mal nach dem Durchschnittsertrag den er die letzten Jahre so hatte fragen. Wenn der im oberen Bereich der in der Region üblichen Erträge liegt, passt auch der Nektarertrag.


    In einer Gegend in der kaum Raps angebaut wird, ist aber davon auszugehen, dass das daran liegt, dass das dort eben nicht sonderlich für Raps passt.

    Entsprechen schlecht sind dann auch die Raps- und Honigerträge.

    Wenn man den Raps schon extra anwandert, würde ich mir auch eine Region mit entsprechend hohen Erträgen aussuchen. Auf die paar Kilometer mehr kommt es dann auch nicht mehr an...

  • Du triffst den Nagel auf den Kopf! Raps ist eine Intensivkultur und besonders grotesk wird es dann, wenn argumentiert wird dass die Imker noch froh sein sollen weil es ja sonst gar keinen Honig gäbe....eine dritte Option wird gar nicht erst in Erwägung gezogen.


    Wenn der Bauer wirklich nicht mehr davon leben kann, bunte und extensive bearbeitete Wiesen für die Heugewinnung zu betreiben oder auf Hektarerträge infolge von Kornblume und Mohn zu verzichten, dann muss entweder der Verbraucher diese Mehrkosten über die Produktpreise tragen oder die Gesellschaft als Ganzes...aber momentan zahlt die Gesellschaft gleich dreifach: trotz Subventionen erfolgt vielerorts Raubbau mit dem Ergebnis von ethisch und chemisch belasteten Lebensmitteln.


    M.

  • Wir müssen nüchtern feststellen, dass es in einer Landwirtschaft ohne PSM und intensiver Düngung praktisch keinen Raps gäbe. Er ist extrem anfällig und braucht viele Nährstoffe. Beides macht ihn für den Bioanbau wenig geeignet. Dass hier Treibstoff auf den Acker wächst, ist noch ein ganz anderes Thema, zumal die Energiebilanz lausig ist.

    Ich könnte ohne den Raps auch gut leben. Zwar wären die Frühtrachternten kleiner, aber die Qualität des Honigs sicher besser.


    Wolfgang

    Genau das ist wohl auch eine der Wahrheiten, die es so gibt, weil es jeder so sagt. Sogar hier im Forum unter dem Beitrag Raps 2016 gibt es eine gegenteilige Darstellung. Es geht wohl auch anders - wenn auch sicher nicht immer solange man den Raps für den Ertrag und nicht zur Zierde anbaut.

    In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen. Es gibt Folgen.
    (Robert Green Ingersoll)

  • Nur den Raps im Frühjahr mal nicht zu spritzen, oder in der Fruchtfolge komplett darauf zu verzichten sind aber zweierlei Dinge...

    2016 war auch ein sehr spezielles Jahr: Es kamen in vielen Regionen einfach kaum Rapsstängelrüssler und danach auch kaum Rapsglanzkäfer. Da bin ich auch ohne Insektizid ausgekommen. Das ist aber leider die absolute Ausnahme.

    Dafür bin ich in 2016 mit meinem Verzicht auf die Blütenbehandlung so richtig schön auf die Nase gefallen. Während ich die letzten Jahre ohne große Schäden darauf verzichten konnte, war 2016 ein richtig heftiges Sklerotiniajahr, wie es vieleicht alle ca. 7 Jahre mal vorkommt.

    Als Hobbyackerbauer, der davon nicht lebt, halb so schlimm. Wer aber davon abhängig ist...

    Sklerotionia läßt sich leider kaum prognostizieren und die Spritzung ist somit eher als Versicherung (für den beim Raps sehr teuren Input) zu sehen.

  • Du triffst den Nagel auf den Kopf! Raps ist eine Intensivkultur und besonders grotesk wird es dann, wenn argumentiert wird dass die Imker noch froh sein sollen weil es ja sonst gar keinen Honig gäbe....eine dritte Option wird gar nicht erst in Erwägung gezogen.


    Wenn der Bauer wirklich nicht mehr davon leben kann, bunte und extensive bearbeitete Wiesen für die Heugewinnung zu betreiben oder auf Hektarerträge infolge von Kornblume und Mohn zu verzichten, dann muss entweder der Verbraucher diese Mehrkosten über die Produktpreise tragen oder die Gesellschaft als Ganzes...aber momentan zahlt die Gesellschaft gleich dreifach: trotz Subventionen erfolgt vielerorts Raubbau mit dem Ergebnis von ethisch und chemisch belasteten Lebensmitteln.


    M.

    Ich bin fest davon überzeugt, solange wir unsere intensive Lebenskultur pflegen, solange wird es auch die intensive Bewirtschaftung unserer Resourcen geben. Da kann man zwar in Gesprächen mit dem Bauer ein Bewusstsein für Probleme schaffen, mehr aber auch nicht. Entweder verändern sich die Verbraucher oder man erlässt Gesetze.

    4 Völker, Langstroth Flachzarge / 8 Frame, Honigraum FlowHive

  • Ich bin fest davon überzeugt, solange wir unsere intensive Lebenskultur pflegen, solange wird es auch die intensive Bewirtschaftung unserer Resourcen geben. Da kann man zwar in Gesprächen mit dem Bauer ein Bewusstsein für Probleme schaffen, mehr aber auch nicht. Entweder verändern sich die Verbraucher oder man erlässt Gesetze.

    Das fasst es gut zusammen. Der einzelne Bauer ist in den Rahmenbedingungen des vielzitierten "Marktes" gefangen. Man kommt da so schnell als Einzelner nicht raus.


    Ich frage mich, ob man in China wirklich deutsche Milch braucht, spanische Tomaten in Afrika und wiederum Sojafutter aus Brasilien in Deutschland? Müssen wir in Deutschland unser Grundwasser ruinieren, damit man Geflügel und Schweine in alle Welt exportieren kann? In meinen Augen der reinste Schwachsinn! Kurzsichtig und unverantwortlich. Es geht dabei einfach nur ums Geld, um sonst nichts.

  • Einer meiner Rapsbauern sagte mir, daß er insgesamt 7 mal spritzen wird. Einmal davon in die Blüte. Anders könne er den hohen Ertrag, den er haben möchte, nicht erzielen.


    Gruß

    Ulrich

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