Hallo allerseits,
ich eröffne hier mal einen neuen Thread (so heißt das glaub ich neudeutsch), nicht mit dem Ziel, um wieder eine endlose Diskussion über die Vorzüge der einen oder anderen Biene loszutreten. Auch ist es nicht Ziel, für eine bestimmte Biene zu werben oder für "besser" zu befinden. Solche Diskussionen meine ich sind sinnlos, denn jeder Imker ist ein Bienenfreund, und alle Imker lieben doch auch alle Bienen. Oder!? Und jede Biene ist es wert, erhalten zu werden!
Zur Dunklen Biene wurde hier schon viel geschrieben. Viel Interessantes, aber auch viel Laienhaftes, um es mal so auszudrücken. Für diejenigen, die sich auch dieses Jahr entschieden haben, es "mal mit der Dunklen Biene zu versuchen", möchte ich aber doch einige wichtige Hinweise geben, BEVOR man sich für den Schritt entscheidet.
Reinzuchtköniginnen?
Immer wieder erhalte ich Nachfragen bzw Bestellungen von Reinzuchtköniginnen und muss dann feststellen, dass der Besteller entweder noch gar keine Bienen hat oder gerade mal seit einem Jahr 2 Völker im Garten stehen hat. Ich frage mich dann immer, was will dieser Mensch mit einer Reinzuchtkönigin? Daher meine Bitte: jeder sollte sich vorher genau überlegen, ob er erstens ein solches Zuchttier SICHER einweiseln kann und zweitens ob er dieses Tier für die weitere Nachzucht nutzen will. Wird eine dieser beiden Fragen verneint, so meine ich, ist eine Reinzuchtkönigin nicht der richtige Weg. Das Risiko des Verlustes, des Zusetzens und der "Verschwendung" von wertvollem Material ist hier einfach zu groß. Viele Imker bestellen auch eine Reinzuchtkönigin mit dem Ziel, bei sich wieder die Dunkle Biene "heimisch" werden zu lassen. Dies funktioniert aber nur, wenn man in der Königinnenzucht geübt ist und die entsprechenden Möglichkeiten hat, von dieser Königin "massenhaft" nachzuziehen. Wenn man von dieser dann mindestens 20 F1-Völker hat und für ganz viele Drohnen sorgt (ohne Schneiden der Drohnenwaben!), dann erst kann man behaupten, dass die Chance besteht, durch fortlaufende Nachzuchten auch am eigenen Stand zu Paarungen zu gelangen, die vielleicht bis zu 50, 70 oder gar 90 % rein sind.
Wer sich für die Dunkle Biene interessiert und diese einfach mal kennenlernen möchte, ohne das o.g. Kriterien erfüllt wären, ist meines Erachtens doch mit einer standbegatteten Nachzuchtkönigin viel besser bedient. Natürlich ist diese nicht mehr "rein", aber zu 50% eben doch! Und sie produziert REINE Drohnen! Und die zufriedensten Käufer waren immer die mit Standbegatteten Königinnen. Und wer behauptet denn, dass man von standbegatteten Königinnen nicht nachziehen darf? Ich selber habe mit F2-Königinnen (also Enkelinnen) auch sehr gute Erfahrungen gemacht.
Preis?
In Europa kostet eine Dunkle Reinzuchtkönigin sehr viel Geld. Dennoch steckt in der Königinnenzucht viel Arbeit, das ist in Schweden genauso wie bei unseren Schweizer Imkerfreunden, oder in England. Von daher ist es die Überlegung wert, ob es eine Reinzuchtkönigin sein muss oder nicht. Natürlich: ein wirklicher Züchter ist auf Reinzuchtköniginnen angewiesen, und durch die Amortisierung durch Nachzucht spielt dann der Anschaffungspreis keine Rolle. Das ist bei Bienen genauso wie bei Hunden, Pferden oder Katzen.
Was ist Reinzucht?
Bei der Auswahl unserer Zuchtköniginnen sind wir alle auf die Herkunft bzw. den Züchter in den Herkunftsländern angewiesen. Neuerdings kann durch DNA-Test die Reinheit nachgewiesen werden, die allerdings erst bei den wenigsten Populationen durchgeführt wurde. Bei den Schweizer Zuchtfreunden gilt eine Reinerbigkeit der Dunklen Biene von mindestens 95% als Reinzucht. Die in Schweden verwendeten Zuchttiere sollen eine Reinerbigkeit von 85 bis 100 % haben. Bei den polnischen Herkünften würde ich SCHÄTZUNGSWEISE auch ca. 80% ansetzen. Dies heißt nicht, dass 80% der Tiere rein sind, sondern dass die Population einen Reinheitsgrad von soundsoviel Prozent aufweist. Gerade bei Bienen vom Festland ist es möglich, dass sich vor 30, 50 oder 70 Jahren mal andere Drohnen mit "eingemischt" haben. Auf diese Weise kann es vorkommen, dass Dunkle Bienen unterschiedlicher Herkunft auch verschiedene Verhaltensweisen und sogar äußere Merkmale aufweisen. Es ist unsere Aufgabe, dies per DNA Test festzustellen, danach die Bienen zu qualifizieren und danach auch zu selektieren. Wir stehen mit diesen Aufgaben aber europaweit erst GANZ am Anfang!
Welche Herkunft wählen?
Viele Imker beurteilen die GEOGRAFISCHE Herkunft als ausschlaggebend für ihre Wahl. Also z.B. Schweizer Königinnen für den Südwesten, Österreichische für Bayern, belgische für den Nordwesten, Skandinavische für den Norden und Osteuropäische für den Osten Deutschlands. Grundsätzlich ist dies vernünftig. Dennoch sollten auch andere Fragen hier eine Rolle spielen. Welche Betriebsweisen und Trachten herrschen in den Herkunftsländern? Wie werden die Königinnen dort begattet? Wie rein sind sie? Es ist auch zu bedenken, dass instrumentell besamte Königinnen schwerer zuzusetzen sind als natürlich begattete. Instrumentell besamt heißt, dass diese Königinnen verkauft werden, sobald sie Eier legen. Oft kommt es aber vor, dass eine solche Königin dann nach den Versandstrapazen doch plötzlich noch einmal auf Begattungsflug geht. Dann liegt hier natürlich eine Fehlpaarung vor! Um dies auszuschließen, müsste man mit dem Versand so lange warten, bis die Nachkommen dieser Königinnen geschlüpft und auf ihre Reinerbigkeit geprüpft sind. Dies würde den Aufwand und den Preis natürlich in die Höhe treiben.
Wie Zusetzen?
Viele Imkerfreunde möchten eine Reinzuchtkönigin "so früh wie möglich" erwerben, dass heißt im Juni oder Juli. Sie machen sich aber nicht deutlich, dass dies die Monate sind, in denen es am schwierigsten ist, Königinnen zuzusetzen. Handelt es sich dann noch um eine "Fremdbiene", die obendrein noch künstlich besamt wurde, und wird diese dann einem frischen Ableger oder gar einem Vollvolk zugegeben, so geht das REGELMÄßIG schief! Die Schuld trifft dann den Königinnenverkäufer. Seit langem plädiere ich dafür, Königinnen so spät wie möglich zuzusetzen (September-Oktober), und auch dann nur einem hoffnungslos weisellosem Volk. Dies ist nicht einfach, doch der Aufwand lohnt sich immer! Viele Verfahren habe ich schon getestet, etliche verworfen. Am sichersten ist das Zusetzen in einem Volk mit nur jungen Bienen, ohne jegliche offene Brut, nach 9-tägiger Weisellosigkeit, am besten in einem Kunstschwarm. Das Zusetzen erfolgt als solches im Iltiskäfig, zuerst 2 Tage unter hartem Verschluss, OHNE Begleitbienen. Nach 2 Tagen ist zu prüfen, ob die Bienen freundlich sind. Falls ja, sind ca. 10 Arbeiterinnen zur Königin in den Käfig zu geben, dann der Futterteigpropf! Das Volk bitte jetzt 10 Tage nicht stören. Auf diese Weise ist zu 90% mit einer Annahme zu rechnen.
Wie wir sehen, ist es nicht einfach, zu Dunklen Bienen zu kommen. Fehler passieren immer wieder, auch mir. Wichtig ist es, den Fehler bei sich selber zu suchen, zu analysieren, um es danach besser zu machen. Hat man aber alle Hürden überwunden und es geschafft, die Mellifera bei sich einzuführen und mit ihr zu arbeiten (dies ist ein weiteres ausführliches Kapitel, über das man ganze Bücher schreiben könnte), dann beginnt eine neue, interessante Zeit am eigenen Bienstand. Zwar ist die Mellifera keine Wunderbiene (für manche Liebhaber aber vielleicht doch?), auch erhebt keiner den Anspruch, sie sei die "bessere" Biene. Denn für jeden Imker ist SEINE Biene die beste, das ist doch klar!
Ich wünsche allen eine schöne, interessante und erfüllte Bienensaison.
Kai (Mitglied in diesem Forum seit 2002 und immer noch "neuer Benutzer" )