Hallo zusammen,
Ich möchte hier mal einige Überlegungen über die natürlichen Lebensbedingungen, insbesondere über die abiotischen Faktoren im „natürlichen Bienenstock“, zur Diskussion stellen. Vielleicht sind einige der Überlegungen falsch und können von Euch widerlegt werden. Vielleicht können die Überlegungen aber auch Anregungen für die Naturbaufreunde hier im Forum geben.
Die verschiedenen Funktionen des Wabenbaus sind, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Bereitstellung der Zellen für die Aufzucht von Brut,
Bereitstellung von Zellen für die Speicherung von Honig und Pollen,
Regulation der Temperatur im Stock,
Regulation der Luftfeuchtigkeit im Stock.
Insbesondere in der kalten Jahreszeit hat der Wabenbau der Biene eine wichtige Funktion zur Erhaltung der Temperatur. Die Waben werden oben und an den Wänden fest verbaut, so dass der Stock in einzelne schmale Kammern, die nach oben hin geschlossen sind, gegliedert ist. Die Warmluft der Wintertraube kann nach oben nicht frei entweichen, was dem Bien eine Menge Energie erspart, die notwendige Temperatur aufrecht zu erhalten.
Mit der Luftfeuchtigkeit ist es ähnlich. Durch die nach oben abgeschlossenen Räume zwischen den Waben kann nur wenig Wasserdampf entweichen, so dass die Aufrechterhaltung einer hohen Luftfeuchtigkeit, z. B. während der Brutzeit erleichtert wird.
Durch die heute üblichen Rähmchen erhält der Wabenbau aber eher die Funktion eines Rippenheizkörpers, dessen Funktion es bekanntlich ist, in möglichst kurzer Zeit viel Wärme an die Umgebung freizusetzen. :o Ähnlich verhält es sich mit dem Wasserdampf. In der Wintertraube oder aus dem Brutnest kann sehr viel Wasserdampf entweichen. Durch die starke Verdunstung werden diese Bereiche somit gekühlt. An der Wandung der Beute kann dieses Wasser dann wieder kondensieren, was bei manchen Beutentypen dann verschimmelte Randwaben im Winter zur Folge hat.
Durch die modernen Beuten wird also der Futterverbrauch im Winter erhöht. Das könnte ein Grund sein, warum die Überwinterung auf Honig insbesondere aber auf Waldhonig heute ungünstiger für das Bienenvolk ist, als die Überwinterung auf Zucker.
Das die Bienen mit dieser Situation trotzdem überleben können, verdanken wir der hohen Anpassungsfähigkeit unserer Lieblinge.
Ich möchte hier auch noch mal die These aufgreifen, dass die Honigbiene in Mitteleuropa, ohne Einfluss des Menschen überwiegend in Schwarzspechthöhlen gelebt hat, obwohl ich weis, dass diese Ansicht nicht vollen allen geteilt wird.
Da Mitteleuropa ohne den Einfluss des Menschen überwiegend von Buchenwald bedeckt wäre und in Rotbuchenwäldern fast alle größeren Höhlenbewohner überwiegend Schwarzspechthöhlen besiedeln, würde es mich sehr wundern, wenn die Honigbiene dieses nicht auch überwiegend getan hätte. Die Schwarzspechthöhlen haben meist einen Innendurchmesser von über 25 cm. Durch mehrfaches Brüten des Schwarzspechts im selben Baum und Fäulnisprozesse am Boden der Höhle können die Höhlen nach unten hin eine Tiefe von über einem Meter erreichen, so dass hier ansehnliche Volumina für das Bienenvolk zur Verfügung stehen. Da die Buchen unter natürlichen Bedingungen bis 300 Jahre alt werden können, dürfte es früher noch wesentlich tiefere und somit größere Höhlen mit nur geringfügig größerem Innendurchmesser (die Höhlen faulen stärker am Boden) gegeben haben. Im Übrigen werden sehr tiefe Höhlen von vielen Vögeln nicht mehr gerne benutzt und stünden somit wildlebenden Bienenvölkern zur Verfügung.
Die meines Erachtens früher am häufigsten verwendete Bienenwohnung in Mitteleuropa hatte also einen Innendurchmesser von 25 bis 30 cm Durchmesser. Dieses würde bedeuten, dass eine Wintertraube alle Wabengassen in dieser Höhle besetzen konnte. Ungenutzte, nicht von den Bienen kontrollierte Räume dürfte es in dem natürlichen Bienenstock somit nicht gegeben haben.
Vielleicht stellt die größe der Wintertraube der Honigbiene eine Anpassung an genau diese Verhältnisse dar.
Die modernen Bienenbeuten weisen hingegen meist einen viel größeren Innendurchmesser auf, der gerade im Winter klimatisch ungünstiger ist. Zudem kommt noch das Winterfutter, dass sich teilweise seitlich der Wintertraube befindet. In der Schwarzspechthöhle kann die Wintertraube das Winterfutter durch vertikale Wanderung durch den Baumstamm ideal nutzen, ohne das Reste seitlich verbleiben.
Soweit zu meinen Überlegungen. Ich hoffe, dass sich hier der ein oder andere dazu kritisch äußert. Vielleicht gibt es ja auch neue Ideen für die Naturbauimker.
Gruß Andreas