Liebe Kollegen,
habe gerade einen zweitägigen Bienengesundheitskurs am Landesbieneninstitut Hohen Neuendorf mitgemacht.
Fand ich wirklich sehr gut, hoher Anspruch aber alles sehr fundiert und belegt. Kann ich wirklich jedem empfehlen! Elke Genersch und Jens Radtke haben ihn gehalten.
Bei diesem Lehrgang wurde mit zwei Annahmen aufgeräumt die ich auch hier im Forum immer wieder finde (und die ich bisher auch so glaubte):
1. AFB bekommt man nicht durch Honig; bzw. es müssten Unmengen Honig verfüttert werden um ein Volk mit AFB zu infizieren: Es ist sehr verschieden, wieviele Sporen es brauchte um eine Larve erfolgreich zu infizieren - zwischen 80 bis 800 Sporen pro Gramm Honig waren es im allgemeinen aber es gab auch Fälle bei denen genügte eine einzige! Und eine einzige infizierte Larve kann eben den Untergang einläuten weil enorme Vermehrung der AFB.
2. AFB hat ein Klinisch eindeutiges Bild: Seit der Unterteilung in die Subtypen ERIC I bis IV können wir das haken. Tatsächlich kann AFB über Jahre unbemerkt im Volk wüten. Bei Infektion mit ERIC II sterben 90% der Larven VOR der Verdeckelung so daß die Larven schnell und für das Imkerauge oft unbemerkt entfernt werden und durch neue Brut ersetzt wird. Nur eine von 17 Brutzellen entwickelt sich soweit daß das typische Symptom der eingesunkenen Zelldeckel/Schorf/Streichholzprobe anschlägt!
ERIC I bricht dahingegen heftig im Volk aus und fällt eher durch Volkszusammenbrüche auf; eben "klassisch". Das wurde übrigens nicht nur im Laborversuch untersucht, sondern auch an Minivölkern im Freiflugraum so daß diese Symptomlosigkeit auch für die Praxis belegt ist.
3. AFB-kranke Völker schwärmen nicht/Schwärme bringen kein AFB mit sich: Tun sie in der Praxis eben doch. Die Infektion mit ERIC I-Typus erlaubt das Schwärmen und diese Schwärme können AFB mit sich tragen und zwar auch außen am Haarkleid. Eine schwedische Studie zeigt auch einen Anstieg der AFB-Belastung der aus diesen Schwärmen gebildeten Völkern.
4. Sperrgebiete lassen sich im Kataster abbilden: Zahlreiche Fälle nachgewiesener AFB wurden nicht in die offiziellen Karten und Kataster eingetragen weil z.B. der Amtstierarzt mangels klinischer Symptomatik (s.o.) kein Sperrgebiet einrichten wollte oder aber schlichtweg die Fälle nicht an die sammelnden Stellen weiterleitete (dazu ist er nämlich "gehalten" aber nicht "verpflichtet"). Sperrgebiete gaukeln zudem eine Sicherheit vor die es nicht gibt!
Für die Praxis leite ich für mich ab:
- Gerätschaften für den Schwarmfang fremder Schwärme sollte man von den Geräten für den eigenen Stand trennen (eigener Besen, eigene Handschuhe, eigene Schwarmfangkisten usw.)
- Schwärme unbekannter Herkunft misstrauischer begegnen (zumal sich hier in Berlin gerade ein Faulbrutsperrgebiet nach dem nächsten aufbläht...sitze schon eingeklemmt zwischen zweien...); eben z.B. wie beim Sanierungsverfahren hungern lassen und beim Einschlagen VOR der neuen Beute abklopfen und einlaufen lassen um Totenfall sicher abzutrennen; ev. Bienenprobe ziehen und untersuchen lassen (geht wohl auch laut LBI mit Bienen).
- Material zum Einschmelzen von Waben (Zargen, Wachseimer usw.) vom Stand deutlich trennen und auch beim Einschmelzen "bienendicht" arbeiten (also z.B. im Winter einschmelzen wenn keine Biene mehr draußen unterwegs ist).
- noch misstrauischer durch die Völker gucken, im Sommer nach der letzten Ernte und vor dem Einfüttern Futterkranzproben ziehen und das Material besser trennen und desinfizieren.
- noch härter gegenüber "Schwächlingen " sein...das fällt mir auch noch schwer,man will ja immer retten...
- energischer gegen Räuberei und Verflug vorgehen
- Zahl der Bienenvölker auf einem Stand limitieren
- Austausch von Waben minimieren und vor allem besser dokumentieren.
- noch mehr Einsatz für die Bienengesundheit zeigen; also Völker trockener halten (Bewuchs rundrum reduzieren/bessere Besonnung erreichen/Beuten auf Vierkant höher stellen), Durchlenzung fördern usw.
Ich fand das einen ziemlichen, mal auf Neudeutsch, "Kick in the Ass" - vielleicht auch für andere von Interesse daher hier zügig niedergeschrieben! Das Seminar umfasste natürlich auch noch andere Krankheiten und weitere interessante Hinweise (z.B. die auch für den Menschen lebensgefährliche wenn auch sehr seltene "Steinbrut")...kann nur jedem den Besuch raten!
Melanie
P.S. Ergänzung aufgrund von Nachfragen: Die AFB-Sporen halten wirklich viel aus; man kann sie im Autoklaven feucht mit 30 min abtöten (oder nehmt einen Dampfdruckkochtopf aber das wird schwer da mehr als ein Stockmeissel reinzubekommen...). Langsam aber ebenso gut geht es
- 6 bis 30 Stunden in 5 bis 20% Formalin (4-8%ige wässrige, gepufferte Lösung des Formaldehyds...nicht grad gesund, schwer zu entsorgen)
- 30 min 8%ige Ätznatronlauge bei 37°C (wenigstens kein Kochen...)