Hallo Bienenfreunde,
ich mache mir Gedanken, welches wohl der Primärlebensraum der Westlichen Honigbiene war, d.h. der Lebensraum bevor der Mensch die Landschaft gravierend veränderte.
Nach aktueller Theorie war Mitteleuropa ja von (Buchen-)Wald bedeckt mit mehr oder weniger großen Bereichen von halboffenem Weideland mit einzelnen Bäumen/ Gebüschen, offengehalten durch vormals noch zahlreich vorhandene Großherbivoren (Wisent, Auerochse...).
Wo hat sich nun die Honigbiene ökologisch eingenischt ? Meine Vermutung: im halboffenen Weideland, da es dort immer einen Blühaspekt gibt und auch der Wärmehaushalt günstig war.
Ich denke hingegen nicht, dass die Honigbiene eine Art der geschlossenen Wälder war. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass dort das Nektarangebot im Jahresverlauf groß genug war, um ein Volk ernähren zu können... man denke nur an das spärliche Blütenangebot in Buchenwäldern, die fast keinen blütenreichen Unterwuchs haben (z.B. auf saurem Untergrund)....
Oder ist es ein entschiedenes "sowohl als auch" ?
Was meint Ihr ? Habt iht fundiertere kenntnisse ?
Würde gerne mal eure mögliche Argumentation bzw. evtl. Erfahrungen in reinen Waldstandorten hören.
Besten Dank für eure Anregungen !
Der Schulbien
Primärlebensraum der Honigbiene
-
-
*man denke nur an das spärliche Blütenangebot in Buchenwäldern, die fast keinen blütenreichen Unterwuchs haben (z.B. auf saurem Untergrund).... *
Keinen blütenreichen Unterwuchs mehr haben!!!!
Der Überdüngung der wegen.
In einer Kindheit, vorwiegend in Thüringen, da gab es riesige Buchenhaine mit einem Meer von Buschwindröschen, Leberblümchen und Schlüsselblumen. Etwas später blühte die Walderdbeere
die wir eimerweise gesammelt habe. Es gab also riesige Mengen an Blüten. -
- Offizieller Beitrag
Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass dort das Nektarangebot im Jahresverlauf groß genug war, um ein Volk ernähren zu können... man denke nur an das spärliche Blütenangebot in Buchenwäldern, die fast keinen blütenreichen Unterwuchs haben (z.B. auf saurem Untergrund)...Der Schulbien
Moin , Moin aus Hamburg ,
Du gehst bei Deinen Gedanken davon aus, das die damaligen Völker die Stärke der heutigen hochleistungs Wirtschaftsvölker hatten. Vermutlich waren die Völker damals aber wesentlich kleiner.
Außerdem regelt das Trachtangebot die Volksstärke. Der Bien hat sich ja damals in einer Landschaft angesiedelt und verbreitet und wurde nicht nicht durch Fremdeinwirkung an einen lebensfeindlichen Platz um- /angesiedelt.
Grüße aus dem Norden
Daniel -
Hallo Schulbien,
erst mal herzlichen Glückwunsch und Dank für deine Initiative in der Schule. Mitteleuropa ist groß und die Wälder nach der letzten Eiszeit sicherlich unterschiedlich. Unsere heutigen Bienen stammen eher aus dem Südeuropäischen oder Ost-süd-ost-Europäischen Raum. Zur Sachen mit dem Wald sei angemerkt, dass die früheren Wälder, was ebenfalls eine lange und unterschiedliche Zeit war, keineswegs so homogen und dunkel waren wie der heutige Schwarzwald. Bereits durch die Kelten an vielen Stellen licht oder dezimiert, gab es wohl eine ziemliche Mischung, also keine der heutigen Monokulturen. Auch die vielen Wald- oder Lichtungsränder sorgen für unterschiedlichen Bewuchs mit blühenden Pflanzen. Die damaligen Bienen waren in ihrer langsameren Entwicklung und kleineren Volksstärke an eine spätere Tracht angepasst. Erst mit der Reduzierung der Wälder und der Steigerung der blühenden Feldfrüchte und des Obstes wurden Bienen eingeführt, die sich früher im Jahr schneller entwickeln, vorzugsweise aus dem italienischen Raum. Heute haben wir hier in der Gegend zwischen Leipzig, Halle und Dessau kleinere Wälder mit einem großen Akazien- bzw Rubinienanteil. Aber auch alle möglichen Beeren und auch Obst, sowie die Obst- bzw. Zier- oder Nutzgärten in der Umgebung sorgen für eine ordentliche Tracht, fast über das ganze Jahr. Freiflächen und Lichtungen mit Klee, Löwenzahn, die Weiden und Haselnüsse entlang der Bäche sorgen für eine ausreichende Tracht über das ganze Jahr. Wichtig dabei ist natürlich, dass man den Standort so auswählt, dass von allem was da ist. Jetzt fragen Sie mich nicht wie, aber irgendwie haben die Bienen das Früher auch schon selbst gekonnt, wahrscheinlich auch deshalb, weil es noch keine Monokulturen gab und zweitens weil es keinen interessierte, wenn mal ein Schwarm einging. Statistiken wurden in dieser Beziehung vor 5oo Jahren, vor 1.ooo Jahren oder vor 5.ooo Jahren nicht geführt. Außerdem gab es kein RTL II und die meisten großen Probleme der ersten Neandertaler blieben für den Rest der Welt unbekannt. Gott sei Dank ist das heute ganz anders.
Viele Grüße
Wolfgang
PS. Was ist der Unterschied zwischen dem Lehrer und Gott ? -
@ Beetle:
Du sprichst v.a. von Frühjahrsblühern (Leberblümchen - und noch zudem auf Kalk). Schau dir mal einen Hainsimsen-Buchenwald an; da ist fast nichts unten drin. Das hat nichts mit Überdungung zu tun, sondern mit Ausschattung. Überdüngung wäre dann mit Brennessel/ Knoblauchsrauke etc....
@ Drohne Daniel
Heißt das: in geschlossenen Wäldern mit kleiner Volksstärke, außerhalb in großer ? Wo war denn dann der optimale Lebensraum und warum ?
Gruß,
Schulbien -
-
Schulbien, ich kann nur sagen was vor 50 Jahren war und was heute ist. Von der Chemie des Waldbodens habe ich recht wenig Ahnung.
-
Aber was ist schon Optimal, und vor allem für wen?
-
Bienenköniggibmirhonig
Optimal für die Honigbiene natürlich. Anderes beispiel: der Optimale Brutlebensraum vom Kiebitz sind feuchte, extensiv genutzte Wiesen. Er brütet aber auch in Maisäckern - allerdings nicht so erfolgreich.
Kurzum: Maisäcker sind eher suboptimal. In Extremfällen sind Maisäcker Populationssenken, d.h. werden stetig von der Feuchtwiesenpopulation mit neuen Individuen "versorgt".
Deshalb: Wo ist der Optimallebensraum der Honigbiene vor den gravierenden Veränderungen des Menschen gewesen ???
Gruß,
Schulbien -
- Offizieller Beitrag
@ Drohne Daniel
Heißt das: in geschlossenen Wäldern mit kleiner Volksstärke, außerhalb in großer ? Wo war denn dann der optimale Lebensraum und warum ?
Gruß, Schulbien
Moin,Moin,
der Bien ist ein individuelles Wesen.Wie bei jeder anderen Lebensform ist auch er durch die Umwelt geprägt. Die Besten kommen durch und sind in diesem Fall Spezialisten. Sie bilden dann die Basis für alle Entwicklungen in Zeiten der Fülle.
Die dort "entstehenden " vielseitigen "Spielformen " der Natur, sind wiederum alles Individualisten deren Überlebensfähigkeit sich in den Jahren mit Extrembedingungen herausstellen wird.
Nichts ist statisch, Leben ist bewegung und veränderung. Von daher sind Vergleiche schwierig, weil die Faktoren die auf die unterschiedlichen Lebensformen einwirken sich nie gleichen.
Grüße aus dem Norden
Daniel -
..........
Ich denke hingegen nicht, dass die Honigbiene eine Art der geschlossenen Wälder war. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass dort das Nektarangebot im Jahresverlauf groß genug war, um ein Volk ernähren zu können... man denke nur an das spärliche Blütenangebot in Buchenwäldern, die fast keinen blütenreichen Unterwuchs haben (z.B. auf saurem Untergrund)....
Oder ist es ein entschiedenes "sowohl als auch" ?
Was meint Ihr ? Habt iht fundiertere kenntnisse ?
Würde gerne mal eure mögliche Argumentation bzw. evtl. Erfahrungen in reinen Waldstandorten hören.
Besten Dank für eure Anregungen !
Der Schulbien
Die fundierten Kenntnisse habe ich nicht. Nur... die reinen Waldstandorte von heute haben zumeist den Nachteil, dass sie zumeist Bäume nur eines Jahrganges (zumindest weniger Jahrgänge, auf alle Fälle fehlen die ganz alten) aufweisen (neben monokulturellen Aspekten). Und das gab es *früher* nicht. Mit tatsächlichen Urwäldern haben wirs ja nicht so in Europa. War mal im Böhmerwald, wo ein Waldgebiet seit 1856 absolut unbewirtschaftet geblieben ist, wenn dort so ein Baumriese stürzt, entsteht erstmal eine riesige Lichtung (aber auch dort waren, wie auf Tafeln zu lesen, die ältesten Bäume *nur* knapp 300 Jahre).
Wir hatten hier mal 1974 eine Windhose, die legte 10ha 40- jährigen Fichtenwald komplett um... die Bergkuppe war 2 Jahre später ein Meer aus Waldweidenröschen. Die Natur würde schon paar Jährchen brauchen, bis alles wieder zuwächst, da hätten das Waldweidenröschen, die Himbeere und Co. schon so 20 Jahre Zeit, den Bienen Nahrung zu geben. So wurde aufgeforstet und dann anfänglich zwischen den Bäumchen gemäht.
Es wird wohl so sein, dass die Biene (in unserem Klima) den Wald brauchte, aus "Wohnungs"gründen heraus. Und das denke ich, hat auch trachtmäßig funktioniert. Kleine Völker, geringe Volksdichte noch hinzu.
Gruss
Hagen -
-
Hallo, Schulbien,
der Erzgebirgler hat recht; die Biene ist tatsächlich ein Kind des Waldes, bevorzugte als Nistgelegenheit alte Spechthöhlen in großen Höhen, die nicht übermäßig groß waren, und entsprechend nur kleine Völker zuließen.
Der Wald war ja keineswegs so monokulturmäßig wie heute, sondern viel artenreicher.
Es ist doch kein Zufall, daß die Schwärme pünktlich zur Zeit des größten Trachtangebots, nämlich der Blüte der (Hartholz)Laubbäume, stattfinden: allerbeste Startvorausetzungen für Schwärme.
Das Restvolk widmet sich danach erst dem Vorratsammeln für den Winter und kam mit der Läppertracht, die dafür den ganzen Sommer anhielt, recht gut über die Runden.
Im halboffenen Weideland, wo es nur selten Baumhöhlen gab, dürften sie eher nicht so sehr vertreten gewesen sein - Wohnung geht noch vor Ernährung, außer es gab dort Felshöhlen.
(und glaub mir, Schwärme sind sehr pingelig bei der Wohnungssuche ).
Ich sehe hier bei meinem eigenen Gelände seit Jahren, wie die Verwaldung abläuft, zwischen Weiden und Erlen kommen langsam Birken und wenige Kiefern, und die ersten Eichensämlinge sind grad mal nen Meter hoch, Buchen hab ich hier fast keine in der Nähe.
Bislang alles recht positiv für die Bienis, Wohnungen stellen wir ja. -
Hallo beisammen,
Als geschichts- und naturinteressierter Mensch finde ich die Frage hochinteressant.
Nach der Eiszeit gab es ja je nach Klima die unterschiedlichsten Wälder. Erst Birken und Kiefern, später Hasel. Vor 8000 Jahren machten sich Eichenmischwälder breit. Vor 5000 Jahren bedeckten Wälder mit Eiche, Fichte und Buche das Land. Als es vor 2500 Jahren kühler wurde setzte sich die Buche als beherrschender Baum durch. Das habe ich aus einem Buch über Baden-Württemberg.
Solange der Mensch noch als Sammler und Jäger unterwegs war, aber auch später, als das Land nur dünn besiedelt war, waren die Waldflächen keineswegs die Monokulturen, die wir in den letzten Jahrzehnten gewohnt waren. Selbst in buchendominierten Wäldern gab es auch Lichtungen, weil die Bäume in allen Altersklassen wuchsen und immer wieder mal ein Oldtimer umkippte und eine Lücke riß oder Windbruch Lichtungen schuf.
Aber als die Buchen zu dominieren begannen, gab es längst Rodungsflächen durch Ackerbauern und Viehzüchter. Nicht zu vergessen, die großflächigen Sümpfe, Moore, Überschwemmungsgebiete, die zwar keine dichten Waldbestände trugen, aber für die Landwirtschaft jahrtausendelang uninteressant waren.
Meiner Meinung nach dürfte die Bienenvolkdichte je nach Region total unterschiedlich gewesen sein.
Interessant wäre es, zu erfahren, wie Bienen in europäischen Urwäldern leben, bzw. bewirtschaftet werden. Falls jemand aus Polen hier mitliest: Der Urwald von Bialowieza ist zwar überwiegend Kiefernwald mit Fichten und Laubbäumen wie Eichen, Eschen Linden, Ahorn, Erlen, aber interessant wäre es dennoch, wie dort die Bienenlage ist, sowohl bei wilden, als auch bei betreuten Völkern. Kann man das irgendwie in Erfahrung bringen?
Liebe Grüße,
Martin -
Hallo Schulbien,
du hast ja schon einige Antworten erhalten.
Der optimale Lebensraum der Honigbiene ist , soweit wie möglich von der konventionellen Landwirtschaft entfernt, mit genügend Trachtpflanzen. -
Schönen Dank für Eure Gedanken...
- die großflächigen Lichtungen durch Windwurf/ Kalamitäten und anschließende Pionierstandorte mit Weidenröschen, Himbeere, versch. Lippenblütler waren sicherlich wichtige Nahrungshabitate.
Das passt so in etwa zu meiner Theorie, als dann die Großherbivoren in der LAge waren, diese Standorte über einen längeren Zeitraum freizuhalten und auch der krautigen Vegetation Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen (Flockenblume, Distelarten...)
sabi(e)ne:
halboffene Weidelandschaften haben oft alte, knorrige Bäume (z.B. Eichen) als Überhälter. Und die haben auch zahlreiche Spechtlöcher. Ich denke, dass die aufgrund des Wärmehaushaltes evtl. auch besser als Nistplatz für Bienen geeignet wären... zudem wären sie inmitten einer krautigen Blütenlandschaft
Ich kenne aus Franken eine halboffene Hutelandschaft, bei der die verschiedensten Wespenarten in Baumhöhlen brüten (ich weiß, nicht 100%ig vergleichbar...)
Ich finde die Frage von abelo gut hinsichtlich der Bewirtschaftung von Bienen in Urwaldgebieten...
ähnliche Frage: hat jemand Honigbienen, die ganzjährig in reinen Waldgebieten stehen ? Haben die heute eine Chance auf genügend Nahrung für einen Jahreszyklus ? Oder nur genügend für eine geringe Volksstärke ?
schöne Grüße,
Schulbien -
Als kleines Dankeschön gibt es das Forum in einer nahezu werbefreien Version.